„Organisierte Friedlosigkeit“: Einige Bausteine, Skizzen und Anmerkungen

Referat von Wolfgang Dominik im Mai 2008

Ich baue die (jeweils ca. 6-minütigen) Filme „Stoppt die Katholikenflut“ (NDR, ca. 1992) und „Babymord in Kuwait“ (Monitor 1992) ein oder gehe je nach Teilnehmerzahl direkt davon aus. Außerdem kann es ein, dass 11 Minuten der Doku „Der Preis des Krieges“ (3SAT, 2006) von Huffschmid, Ursachen des Krieges über Zumach bis „…….für den Preis des Krieges gegen Jugoslawien 1999 hätte man jedem Einwohner des Kosovo eine Villa mit Swimming-Pool bauen können.“
In der UNO-Präambel heißt es: Da Kriege in den Köpfen der Menschen entstehen, muss auch der Friede in den Köpfen der Menschen beginnen. Wenn Kriege, auch die Kriege der Herrschenden nach innen, nicht nur die Überfälle auf fremde Länder, in den Köpfen der Menschen entstehen, müssen die Köpfe friedlos gemacht werden. Da Menschen von ihrem Wesen, von ihren anthropologischen Konstanten, keineswegs friedlos sind, sondern auf Liebe, Solidarität, Frieden, Mitmenschlichkeit, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Freiheit aus sind, muss ihnen das organisiert, wie denn sonst, ausgetrieben werden.

Am 50. Jahrestag der Gründung der UNO verabschiedete der Weltsozialgipfel in Kopenhagen einmal wieder eine Erklärung zu den Menschenrechten (vgl. epd Dritte Welt 7/8 – 1996):

Es gibt 5 Menschenrechtstöpfe bzw. „Klassen“ von Menschenrechten:

1.Wirtschaftliche Rechte: Recht auf Nahrung, Wohnung, Arbeit, Kleidung, gerechte Arbeitsbedingungen, Recht auf gewerkschaftliche Zusammenschlüsse.
2. Soziale Rechte: Soziale Sicherheit, körperliche und geistige Gesundheit und Unversehrtheit.
3. Kulturelle Rechte: Recht auf Bildung, Teilhabe am kulturellen Leben und wissenschaftlichem Fortschritt, Rechte von Minderheiten auf ihre Kultur.
4. Bürgerliche Rechte: Gleichheit vor dem Gesetz, Verbot der Folter und der Todesstrafe, Recht auf Meinungsfreiheit, Verbot jeglicher Kriegspropaganda, faire Gerichtsverhandlungen, besonderer Schutz für Asylsuchende.
5. Politische Rechte: Friedliche Versammlungen, Recht auf Organisation in die Menschenrechte achtenden Parteien, Teilnahme am politischen Leben.Im „Stern“ 10/08 findet sich der Bericht einer deutschen Soldatin, die 6 Monate in Faisabad stationiert ist. Sowohl in dem Bericht als auch im Leitkommentar zu Beginn des Heftes steht: Die große Mehrheit der Deutschen ist gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr in Afghanistan. Wenn die Abgeordneten des deutschen BT frei entscheiden dürften, würde im Parlament eine ähnliche Mehrheit zustande kommen.

Es darf aber nicht frei entschieden werden, weil die Abgeordneten fast aller Parteien der Fraktionsdisziplin unterworfen sind.

Im gleichen Heft wird lauthals beklagt, dass die Abgeordneten im chinesischen Parlament nicht entsprechend ihrem Gewissen frei entscheiden dürfen.

Das kann als kleines Beispiel gelten für:

Die tägliche Massenschutzimpfung gegen unliebsame Gedanken

Die veröffentlichte Meinung sagt uns täglich über Fernsehen, Radio, Printmedien, was eine richtige und was eine falsche Meinung ist. BILD dir eine Meinung, BILD dir die Meinung der herrschenden Klasse!, deren Sprachrohr wir mit fast allen anderen Medien, die mit Einschaltquoten und Auflagenhöhe rechnen müssen, um vernünftige Kapitalakkumulation zu treiben. Oder, mit Rudolf Augstein gesprochen: „Das kapitalistische Pressesystem beruht auf dem unveräußerlichen Grundrecht jedes Kaufmanns, dumme Käufer auszusuchen und noch dümmer zu machen.“ (zit. nach: Der Gewerkschafter, 10/84)

Schon allein durch solche Statements wird deutlich, dass es mit Menschenrechten nicht weit her ist, sondern Einschaltquoten und Auflagenhöhe um möglichst viel Werbung einsammeln zu können, weil die Medien weitgehend abhängig sind von großen Inserenten, d.h. die 5 Kapitalfraktionen

  1. Industriekapital,
  2. Finanzkapital,
  3. Medienkapital,
  4. Agrarkapital,
  5. Zirkulations- oder Handelskapital müssen möglichst optimal bedient werden (werbefreundliches redaktionelles Umfeld).

Elemente des Klassenkampfes

Seit es Klassengesellschaften gibt, gibt es auch Klassenkampf. Ausgehend immer von der Ökonomie eines Gesellschaftssystems und dem Stand der Klassenauseinandersetzungen dort, bildet die herrschende Klasse, die die entscheidenden Produktionsmittel besitzt, auch die politisch Macht ausübende Klasse. Auf vier natürlich zusammenhängenden Ebenen findet Klassenkampf ununterbrochen statt: Politisch, ökonomisch, ideologisch und gewaltmäßig. Politischer Klassenkampf findet wie der ökonomische für jeden sichtbar an seinem Portemonnaie tagtäglich statt. Die politische Klasse, oft auch in kapitalistischen Staaten identisch mit der ökonomisch herrschenden Klasse (Bushs Kabinett der Milliardäre, Berlusconi…), verabschiedet Gesetze, die die Beziehungen der Klassen in der Produktion und außerhalb der Produktion einschließlich der Geschlechterverhältnisse zu Gunsten der herrschenden Klasse regelt. Die gesamte Distribution, Konsumtion und Austausch aller zu Waren gemachten „Güter“ wird im wesentlichen durch die herrschende Klasse bestimmt. Je stärker die Klasse der Lohnabhängigen ist, desto eher gibt es Klassenkompromisse, die den Lohnabhängigen etwas mehr vom produzierten „Gesamtkuchen“ zukommen lassen. Je schwächer die Klasse der Lohnabhängigen ist, desto eher wird noch mehr als sowieso der Anteil der Herrschenden größer. Die Menschenrechte der Lohnabhängigen werden noch mehr zusammengestrichen. Also, Sicherung der kapitalistischen Ausbeutungsverhältnisse national und global durch Polizei, Geheimdienste, Militär, Schulen, Universitäten, Rechtsprechung, Kunst….. ist Aufgabe der politischen Klasse.

Um das ganze abzusichern, gibt es eben national und international polizeiliche, geheimdienstliche und militärische Gewaltanwendung, angefangen mit psychischer Gewalt (wenn du nicht lieb bist, passiert dir was) bis zu direkter körperlicher Gewalt einschließlich der Liquidation oder auch des Massenmords.

Nicht genug damit entstehen bei den unterworfenen Subjekten Ideologien, Religionen, Weltanschauungen, die Sinnsurrogate offerieren. Gegen Abweichler des Systems, gegen Dissidenten und Demonstranten und in Kategorien gesellschaftlicher Gleichheit denkenden und kämpfenden Menschen werden Methoden der psychologischen Kriegsführung angewandt. Ein kleines geschichtliches Beispiel:

Am 14.2.1951 verbietet der Vatikan allen katholischen Christen, das Hauptwerk von Karl Marx, Das Kapital, in die Hand zu nehmen. Gläubige, die es zu Studienzwecken dringend brauchen, benötigen eine kirchliche Sondererlaubnis.(jW11./12.2.2006)

Gerade die Geschichte Deutschlands ist voll von Verfolgung, Unterdrückung, Ausgrenzung z.B. von Sozialisten…….. Das reicht von der physischen Liquidation im Faschismus bis zur Berufsverbotepraxis unter Adenauer und Brandt.

Methoden der Entökonomisierung, Enthistorisierung, Entpolitisierung von Geschichte

In den meisten Medien findet eine Guido-Knoppisierung der Geschichte statt: Geschichte rührt dann nicht aus ökonomischen Strukturen und daraus resultierenden Klassenkämpfen, sondern ist das Werk einzelner, das Werk von Ideen, das Werk von religiösen Eingebungen oder einfach von dunklen Mächten.

Insgesamt begeben wir uns dann in eine Personalisierung, Psychologisierung, Mythologisierung, Fetischisierung, Pathologisierung, Ontologisierung, Biologisierung von Geschichte. Damit lernen wir schon wichtige Teile der kapitalistisch-imperialistischen Grammatik zu verinnerlichen.

In einer Gesellschaft, die immer weniger als gestaltbar und Sinn gebend präsentiert wird und durch zunehmende Armut bei Milliarden von Menschen und wachsendem Reichtum einer kleinsten Minderheit charakterisiert ist, müssen die Herrschenden versuchen, Sinnsurrogate auch selbst anzubieten. Religion ist Opium des (!!) Volkes (genetivus subjektivus!), aber etwas nachhelfen kann man da schon durch die Wahl des richtigen Papstes oder die Präsentation und Inszenierung Seiner Heiligkeit, eines erleuchteten Gurus, z.B. des sog. Dalai Lama. Wenn Gesellschaft grundsätzlich entökonomisiert , entpolitisiert, enthistorisiert erscheint, wird die Partizipation am Schicksal und den vermeintlichen Lehren eines Illuminierten eine hedonistische Selbstverwirklichung, schafft sie doch zumindest die ideelle Gratifikation, die individuelle Entfremdung zu kompensieren. Die Surrogate von Heil, von Ganzheit, Einheit mit Gott und oder dem Karma, der Natur, dem Kosmos, schlicht des Wahren, versprechen, an den mythischen Wunderquellen teilzuhaben. Das seit der Kindheit vorhandene Bedürfnis auf Grund von zahlreichen Ohnmachtserfahrungen endlich einmal omnipotent zu sein, erfüllt sich in der Identifikation mit dem Omnipotenten , dem Gott, dem „Friedensnobelpreisträger“. Wer auf dieser Seite partizipiert an einer Allmacht, wertet sich selbst auf. Seelische Löcher können so bestens plombiert, gefüllt, gestopft werden. Aber gerade nicht durch das, was tatsächlich in den seelischen Löchern fehlt (Liebe, Zuneigung, Solidarität, positive Gemeinschaft, Selbstwertgefühl), sondern durch Surrogate – angefangen von Drogen bis zur Religion als einer speziellen Droge – Religion ist Opium des Volks.

Die monotheistischen christlichen Religionen haben das begriffen, in dem zumindest mit „unserem“ Papst psychohygienische Massenveranstaltungen stattfinden. Auch die evangelische Kirche ringt um mehr Spiritualität. Islamische wie christliche wie jüdische Fundamentalisten erheben auch gegen die eigenen weniger fundamentalistischen Brüdern und Schwestern erhebliche Vorwürfe und behaupten natürlich, die einzig wahre Religion zu haben (der gegenwärtige Papst ist da wieder besonders als Beispiel geeignet, der ja in seinem Karfreitagsgebet 2008 implizit zur Missionierung der verstockten Juden aufruft – im Prinzip manifester Antisemitismus – und selbst die evangelische Kirche nicht als Kirche, sondern bedauernswerte Religionsgemeinschaft, ansieht.)

Die totale Indoktrination, Ideologisierung, Schutzimpfung gegen Herrschafts- und Machtkritik wird durch Anstalten geleistet, die die ideologische Massenschutzimpfung und erzwungene Indoktrination findet auf zahlreichen Ebenen statt, wobei der Zwang keineswegs als Zwang empfunden wird, sondern oft als lustvolles Event…..

Je ferner bestimmte Ideologien, Rechtfertigungslehren im Herrschaftsinteresse, sind und je weniger man drüber weiß, desto eher fällt man/frau einer Inszenierung von einem Heiligen oder etwas Okkultem zum Opfer.

Kaum ein Deutscher kriegt z.B. zwei zusammenhängende Sätze über die Geschichte Tibets oder des tibetischen ökonomischen Systems oder des tibetischen Buddhismus zusammen oder gar über die wohl sicher auch kritikwürdige Nationalitätenpolitik der VRCh (vgl. z.B. M.Mayer, Tibet: Im Schraubstock der Modernisierung , in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 5/2008, S. 17ff, immerhin in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung von Luo Lingyuan wird über großzügige Minderheitenpolitik der chinesischen Regierung berichtet (FAZ (20.4. 08, S. 11)), aber alle hier im Lande sollen durch eine von New Yorker Werbeagenturen inszenierten Gehirnwäsche auf jeden Fall für den sog. Dalai Lama, sozusagen Mutter Theresa (jedenfalls so, wie sie vom Vatikan und CIA präsentiert wurde, nicht, wie sie wahrscheinlich real war – vgl. Hartwig Hohnsbein, Eine Oberheilige wird gemacht, in: Ossietzky, 8/08, S. 296ff) und Albert Schweitzer in einer Person, eintreten. Das lässt sich wunderbar verbinden mit einer aus dem Faschismus stammenden Romantisierung/Ideologisierung Tibets (immerhin sollen die Arier daher kommen), mit einem rabiaten pathologischen Antikommunismus (VRCh) und mit tief sitzenden Ängsten vor der „Gelben Gefahr“. Hinzu kommt ein großes Interesse an esoterischen „Religionsangeboten“. Vom sog. Dalai Lama weiß man i.d.R. auch nichts, weder, wieso Tentzin Gyatsu der „Ozean der Weisheit“ (Dalai Lama) ist noch wie er dazu geworden ist noch wovon er lebt noch welche sonstigen Beziehungen er hat. Seine Freunde Angela Merkel und Roland Koch, „Bild“, „TAZ“ oder der Esoterik-Papst Franz Alt oder der Hollywoodstar Richard Gere interessiert die soziale Lage in Tibet – außer dass sie seit 8 Wochen verlauten lassen, sich eigentlich nie um was anderes gekümmert zu haben – nicht. Von der unglaublichen Gewalt, die 150 000 Mönche historisch ausgeübt haben und das ideologisch und materiell immer noch tun bis zur Frage, wie wird man eigentlich Mönch in diesem feudalen Patriarchat, von den Verstümmelungen und Vertreibungen tibetischer Abweichler durch die Mönche, von den Misshandlungen der Frauen, will der deutsche Bildungsbürger auch nichts hören. (Eine Kollegin bat mich, ihr nicht mehr kritische Darstellungen zur Inkarnation Gottes (in Tentzin Gyattsu) zu mailen. Nicht einmal Einladungen zu Veranstaltungen z.B. im Bhf. Langendreer mit Klaus Fritsche oder Colin Goldner wollte sie lesen. Sie wie vielleicht Millionen andere wollen sich ihr Bild der mythischen Reinkarnation Seiner Heiligkeit, seines Karmas, seiner Gewaltlosigkeit und seiner angeblichen Menschenfreundlichkeit (er hat doch den Friedensnobelpreis – Henry Kissinger u.a. aber auch!) nicht erschüttern lassen.)

Schon die Frage , wie wird Mann „weltliches und religiöses Oberhaupt“ Tibets, ist verboten. Die Tabuisierung jeder halbwegs kritischen Frage oder Information ist perfekt.

Im Vergleich mit dem Dalai Lama ist die katholische Kirche und ihre Hierarchie eine basisdemokratische Organisation!

In zahlreichen Veröffentlichungen einer minoritären Gegenöffentlichkeit wurden fast alle Propaganda-Berichte über die Vorgänge in der chinesischen Provinz Tibet der letzten 8 Wochen radikal in Frage gestellt. Die Rolle der USA, des CIA, der Friedrich-Naumann-Stiftung, der Shaatchi & Shaatchi – Werbeagentur, die auch für Coca Cola, McDonald´s, Toyota und Disneyland Werbung macht, werden in unseren Medien gar nicht erwähnt. Wie Hill & Knowlton ein armes weinendes Flüchtlingskind, dem die Iraker gerade die Geschwister ermordet hatten und die gesehen hat, wie 312 Babys von der irakischen Soldateska erschlagen und verscharrt wurden, präsentierte, werden uns wieder Bilder präsentiert, die die Welt so eindeutig in Gut und Böse einteilt, dass man bloß nicht zu den Bösen gehören will. Das arme Flüchtlingskind von Hill & Knowlton stammte aus der kuwaitischen Königsclique und war die Tochter des kuwaitischen Botschafter, Mitglied des sog. Königshauses, in Washington, und die Geschichte des Mädchens war nach gängigen Pepsi Cola Werbekampagnen erfunden worden, also von vorn bis hinten erstunken und erlogen. Für den Kriegseintritt der USA 1990/1991 reichte sie.

Was einst die Tochter des Botschafters war, sind heute Berichte aus Tibet, in denen Bilder aus Nepal gezeigt werden und mit entsprechenden Legenden angeblich aus Tibet gekennzeichnet werden.(vgl. FR 29.4.08)

Nicht mal der sonst so beliebte Helmut Schmid als elder statesman wird genannt, der meint, dass die Deutschen kein Recht haben, so einseitig für den Dalai Lama zu votieren und den Chinesen die moralisch richtigen Maßstäbe zu diktieren. Vom Besuch des Dalai Lama bei Frau Merkel hätte höchstens der Dalai Lama was gehabt, sonst kein Mensch.

Inzwischen ist schon deutlich geworden, dass die Menschenrechtsfreunde in den kapitalistischen Ländern deutliche Eskalationschritte für die Krise verabredet haben. Es werden Ultimaten an China gestellt, die selbstverständlich kein Land der Erde in ähnlicher Situation erfüllen kann. Wird ein Ultimatum aber tendenziell erfüllt – Zulassung „westlicher „ Reporter (hoffentlich nicht nur „Reporter ohne Grenzen“ im Dienste des Pentagon) , dann heißt es als nächstes, dass das aber nicht genug war, und es wird an der Eskalationsschraube gedreht.

Vereinbart Peking wie Anfang Mai Gespräche mit Gesandten des Dalai Lama, heißt es sofort „Pekings Propaganda“ (WAZ 5.5.08). Eine Ausstellung in Peking über die Geschichte Tibets wird so dargestellt, als sei das alles erlogen, was da über Tibet erzählt wird: „Dunkler und rückständiger als die europäische Sklaverei des Mittelalters“ (WAZ). Dass es wirklich so war, wird im Gesamtkontext als bloße chinesische Propaganda charakterisiert.

Im WDR-Fernsehen lief am 14.4.08 eine Dokumentation „Tibets Geduld, Chinas Gewalt“. Abgesehen davon, dass der Zuschauer alles Folgende unter dieser Prämisse verstehen muss, fiel es schwer, die Prämisse auch nur halbwegs bestätigt zu bekommen. Im Gegenteil: Es wurde berichtet, dass in ganz China sich strafbar macht, wer mehr als 1 Kind pro Familie hat – nur in Tibet wird großzügig darüber hinweggesehen. Die Chinesen waren so hartherzig, in jedem Dorf eine Krankenstation mit modernen medizinischen Versorgungsmöglichkeiten einzurichten. Geistheiler werden gezeigt, die durch Anspucken von Patienten Zahnschmerzen und ähnliches heilen und dabei buddhistische Rituale vollziehen und die jetzt PatientInnen verlieren. Das als „kulturell-religiösen Genozid“ zu bezeichnen, ist aus einer gewissen Perspektive selbstverständlich möglich. Der Panschen Lama, eine Figur des budhhistischen Aberglaubens, wird erwartet und die Polizei trifft gewisse Sicherheitsvorkehrungen, die bei uns viel härter und intensiver ablaufen, wenn PolitikerInnen von öffentlichem Interesse kommen. In dem Filmbericht wird so getan, als sei das ein Eingriff in die persönliche Freiheit des Panschen Lama oder seiner Fans. Dass die Chinesen solchen Mummenschanz nicht verbieten, ist eigentlich verwunderlich, aber es wird gesagt, dass kein tibetischer Buddhist an der Ausübung seines sog. Glaubens gehindert wird. Im Gegenteil: In einem Nebensatz hört man, dass „westliche Medien“ bei den Tibetern verpönt sind, weil sie diesen „Glaubensäußerungen“ kritisch gegenüberstehen oder sie nicht verstehen. Ein Kind wird gezeigt, das Mönch werden will und lächelnd erzählt – jedenfalls wird das so übersetzt – ,dass es im Kloster praktisch nichts lernt, sondern für die Bedienung älterer Mönche zuständig ist. Ein chinesischer Taxifahrer versucht seine holländischen Fahrgäste zu betuppen und wird schärfstens von dem tibetischen Hotelbesitzer zurecht gewiesen. Warum diese Szene? Völlig unerfindlich. Dass es in vielen Städten des freien Westens Taxifahrer gibt, die Umwege fahren und sonst wie ihre Fahrgäste ausnehmen, haben die Filmemacher wohl noch nicht gehört. Hier im Film scheint es aber eine chinesische Charaktereigenschaft zu sein, die dann durch einen gar nicht geduldigen Tibeter korrigiert wird. Ein seltsamer Titel für einen Film, der etwas ganz anderes zeigt, als der Titel suggeriert. Unter der entsprechen Prämisse aber nehmen bestimmt viele Rezipienten selektiv wahr, was sie wahrnehmen sollen.

Mein Leserbrief an WAZ und FR wurde nach 3 Wochen gekürzt – wieso eigentlich? – in der FR veröffentlicht. Ich schrieb, dass zunächst die USA und dann Deutschland von den olympische Spielen ausgeschlossen werden müssten wegen massiver völkerrechtlicher und menschenrechtlicher Verbrechen. D.h.: Im main-stream-Einheitsbrei darf nicht mal eine kritische Stimme auftauchen – auch in der FR suchte ich vergeblich nach kritischen Leserbriefen, obwohl diese Stimmen doch sofort der vereinheitlichten Unaufhörlichkeit zum Opfer gefallen wären und höchstens als systemstabilisierende Detailkritik wahrgenommen worden wäre.

Übrigens muss man nicht ein Freund Chinas sein, wenn man gegen den Dalai Lama ist bzw. die Krawalle in Tibet erst mal Krawalle nennt. Gegen Riots (Krawalle) in Los Angeles vor wenigen Jahren hat Bush sen. auch Panzer auffahren lassen und die brandschatzenden Massen nicht aus Gründen der Menschenrechte ganz Los Angeles anstecken lassen.

Fragen nach der geostrategischen, geoökonomischen und geopolitischen Bedeutung der chinesischen Provinz Tibet werden gar nicht gestellt. Man hört auch nichts vom Dalai Lama, was eigentlich konkret von der VRCH verlangt wird. Zwar wird sein Offener Brief an das chinesische Volk vom 28. 3. 2008 in der FAZ (Sonntag) am 30.3.2008 veröffentlicht. Wohltuend ist, dass er keineswegs eine Trennung Tibets vom chinesischen Staatsgebiet verlangt. Nach Fritsche (Vortrag am 5.5.08) gibt es aber auch Fraktionen bei den Exiltibetern, die eine Rückkehr der 1956 bzw. 1959 geflohnen Feudalaristokratie verlangen (Mir fällt spontan Kuba und die „Bacardi-Fraktion“ in Miami ein!). Kann sein, dass diese Leute ihre Freiheiten zurückhaben wollen. China hat 55 anerkannte Ethnien in seinem Staatsgebiet. Sicher zeigen die Erfahrungen des internationalen Imperialismus z.B. in Jugoslawien oder auch der Sowjetunion, dass sezessionistische Bestrebungen äußerst nützlich sein können. Das kapitalistisch-selektiv angewandte Selbstbestimmungsrecht der Völker und natürlich die Menschenrechte oder der Verweis auf „kulturellen Genozid“, wann ist es Genozid, wann droht -so damals Josef Fischer- ein neues Auschwitz?, boten in den letzten 20 Jahren damals so nicht vermutete Möglichkeiten.

Menschenrechte: Um den11.4.08 berichten Medien sehr am Rande unter ferner liefen von Hungeraufständen in Haiti und Ägypten und einem wohl keineswegs sanfteren Vorgehen des Militärs als in Tibet. Und mehr oder weniger klar wird gesagt, dass ein Wirtschaftssystem, dem die Produktion von Biosprit für Autos weltweit wichtiger ist als Lebensmittel, zu der 1 Milliarde ununterbrochen am Hungertod lebenden Menschen bald eine weitere oder gar noch mehr Milliarden hinzufügen wird. Nur:

Das Wirtschaftssystem wird als allmächtig vorausgesetzt und daher gibt es auch keine Abhilfe. Die Logik der 1. Profitmaximierung, 2. Kapitalrentabilität, 3. Kapitalakkumulation und 4. Kapitalexpansion scheint ein Naturgesetz zu sein. Das ist Mythologisierung, Fetischisierung, Ontologisierung, also Ideologien, die von den Realitäten ablenken sollen.

Am einfachsten lernen wir das seit 40 Jahren durch ein sog. Spiel: Monopoly.

Von vielen Soziologen und Religionswissenschaftlern wird der Neoliberalismus als neue Theologie oder Religion bezeichnet, an dem niemand zweifeln darf und der allmächtig ist und ohne unser Zutun Geschichte bestimmt.

Was hat das mit organisierter Friedlosigkeit zu tun?

Jede Klassengesellschaft beruht auf der Massenakzeptanz von und Massenloyalität gegenüber sozialer Ungleichheit. Diese soziale Ungleichheit kann für Massen zielgruppenspezifisch erklärt werden:

Die Begründungen reichen von kulturell, religiös, biologisch, geschlechtsspezifisch, rassistisch, ethnisch, physisch, psychisch, mythologisch. Durch ideelle und/oder materielle Integrationsmechanismen und -gratifikationen gelingt es der jeweils herrschenden Klasse, Massenloyalität zu produzieren oder auch zu erzwingen. Organisierte Friedlosigkeit setzt die Überzeugung der eigenen Freiheit voraus: Klaus Ottomeyer: „Wir lernen zu wollen, was wir sollen und wollen es schließlich, ohne zu merken, dass wir es sollen und nennen uns frei!“

Massen müssen von klein auf beweisen, dass die Einübung in die Klassengesellschaft gelungen ist: Familie als Einübungsagentur in die Normen und Werte der Klassengesellschaft, als Klassengesellschaft im Kleinen (Max Horkheimer),

kapitalkonforme Medien begleiten uns permanent, hinzu kommt

Schule und Universität als Indoktrinationsanstalt

Schule ist ein selektives Herrschaftsinstrument, in der

1. Loyalitätsqualifikationen, Einübung in die kapitalistische Grammatik, Anpassung…..

2. Jedermannsqualifikationen oder Zirkulationsqualifikationen, ein schichtspezifisch Maß an Lesen, Schreiben, Rechnen u.a. durchschnittlich notwendige Selbstverwaltungsmöglichkeiten

3. Intensitätsqualifikationen, Tempo,, Disziplin, Ausdauer, abstrakte Tugenden der Arbeitskraft

4. arbeitsprozessunabhänge, in der Berufsschule arbeitsprozessabhängige Qualifikationen. Arbeitsprozessunabhänge Qu. sind affektive Neutralität, abstrakte Leistungsbereitschaft, Einübung (s.u.) von Entfremdung, loyale Einbindung in das politische System und natürlich ökonomische System einer kapitalistischen Gesellschaft. Arbeitsprozessabhängie Qu. sind die ganz spezifischen Qu., die mit der Verwertung der Arbeitskraft in einem konkreten Beruf zusammen hängen.

5. Innovationsqualifikationen schicht- und klassenspezifisch verteilt, gelernt werden, Erneuerungsqualifikationen, systemimmanente Verbesserungsvorschläge aller Art.

vorher kommt nicht selten ein oft auf religiöse Indoktrination ausgerichteter Kindergarten.

Wenn das verglichen wird mit den 4 Lebenssphären, s.u…….., sieht man deutlich die Parallelitäten.

Wir lernen von klein auf orientierende, systemimmanente, individualistische Erkenntnis mit dem Ziel utilitaristischer Praxis statt systemverändernder, kollektiver Erkenntnis mit dem Ziel sozialemanzipatorischer Praxis, dem Übel an die Wurzel (radix-radikal) gehende Praxis (Klaus Holzkamp).

Trotz offensichtlicher materieller Ungleichheiten, Unfreiheiten, terroristischen Unterdrückungen, ökonomischen und anderen Abhängigkeiten, an die individuelle Freiheit zu glauben, ist nicht so einfach. Wer sich „frei““willig“ unterwirft, ist immer das brave Kind, der ordentliche Staatsbürger, der „in der Mitte“ bleibt und die „Parteien der Mitte“ wählt, der keine Feindbilder hat, nur Schwarze, Ausländer, Kommunisten, Sozialschmarotzer in der sozialen Hängematte, Schwule, Behinderte als in Wirklichkeit nicht zu uns gehörend empfindet (mein Nachbar: Ich habe nix gegen Ausländer, aber wehe meiner Tochter, wenn die… oder Beispiel Eyup Jupp).

Dialektik Sein – Bewusstsein: In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens… Vorwort Hegelsche Rechtsphilosophie)

Organisierte Friedlosigkeit entsteht natürlich dann abgeleitet aus den kapitalistischen Produktionsverhältnissen nicht nur durch bewusste Manipulation oder Lügen. Ideologien sind keine Lügen, sondern gesellschaftliche Rechtfertigungslehren im Herrschaftsinteresse, die wir einfach zu glauben lernen, um die Realität erträglich zu machen. Es zählen nicht die Tatsachen, sondern die über die Tatsachen veröffentlichen Meinungen. Ist einmal wirklich etwas klar, kommt der Kommentar! Die Gedanken der Herrschenden werden zu herrschenden Gedanken.

Oder: Es gibt keine Diktatur ohne weitgehende Zustimmung eines großen Teils der Gesellschaft. Das beste Beispiel ist der deutsche Faschismus oder die Zustimmung zur Diktatur der Bourgeoisie, von der sogar noch indirekt das noch gültige SPD-Programm redet oder bekannte bürgerliche Autoren wie Viviane Forrester, Der Terror der Ökonomie. Riesige Think Tanks wie z.B. die Bertelsmann-Stiftung oder schlicht das gesamte Medienprogramm, neoliberal ausgerichtet, durchsetzt mit Aufpassern der Geheimdienste und Mitglieder der INSM, sorgen für die permanente Gleichschaltung und Gehirnwäsche. Schulen und Universitäten, staatlich überwacht und zensiert, sorgen für die stromlinienförmig angepasste Verwertbarkeit der Arbeitskraft.

Fast alle BürgerInnen jammern über die korrupten PolitikerInnen und Manager und täglich kommt eine neue Spitze des Eisbergs zu Tage, aber: Fast 95 % der WählerInnen wählen genau diese Politiker oder ihre Parteien wieder. Der oder die 95 % ge ist geschaffen.

Täglich verkehren wir in 4 Sphären, jedeR von uns.

  1. Produktionssphäre: Die P. ist bestimmt durch entfremdete Arbeit, beruhend auf dem Verkauf der einzigen Ware, die fast alle Menschen im kapitalistischen Wirtschaftssystem anzubieten haben: Ihre Arbeitskraft. Entfremdung bedeutet 1. Entfremdung vom Akt der Produktion, 2. Entfremdung vom Produkt, 3. Entfremdung vom Mitmenschen, 4. Entfremdung vom Wesen des Menschen. Zunehmend immer mehr bedeutet das unter neoliberalen Bedingungen Erfahrung von interindividuellem Wettbewerb, Mobbing, Angst um den Arbeitsplatz, Arbeitsverdichtung, Stress, Krankheit, Sucht…. Das instrumentalisierte Objekt fremder Profitinteressen verliert Kreativität, Selbstverantwortlichkeit….. Mit An- und Abfahrt umfasst die P. ca. 11 Stunden pro Tag. Im Prinzip gehört für Kinder und Jugendliche die Schule und die Uni zur P., obwohl sie natürlich gesamtgesellschaftlicher Reproduktionsbereich zur Herstellung von kapitalistisch verwertbaren Arbeitskräften ist. Dass an Schule und Uni inzwischen der totale Neoliberalismus herrscht, zeigt die Debatte, die gegenwärtig über G8, Zentralabitur und Bachelor-Master-„Studium“ läuft. In den Pausen stürzt man ans Handy.
  2. Zirkulationssphäre: In der Z. werden alle oben genannten Charakteristika modifiziert, aber genauso ausgeübt: Einkaufen, Arztbesuche, Bank/Sparkasse, Elternsprechabende, für Eltern -zig Sachen sonst erledigen für die Kinder, …. Hektik, Eile, Schnelligkeit, Durchsetzungsvermögen, Konkurrenzverhalten auch hier. Wer war zuerst an der Kasse? Wer kriegt mehr als 3-Minuten-Medizin? Wie viele Sekunden dürfen bei der Pflege fürs Zähneputzen aufgewandt werden? Oder gar für ein Gespräch?
  3. Reproduktionssphäre soll heißen, dass hier die Arbeitskraft reproduziert wird: Körperhygiene, Kochen, Essen, Trinken, Zeitung lesen, Fernsehkonsum, Bücher lesen, Kino, Disco, Theater……., „die Beine hochlegen“ und Schlafen. Aber jeder weiß, auch hier muss es möglichst schnell gehen, es gibt eine Menge Konfliktpotenzial in Familien, possessiver Individualismus bedeutet, unbedingt Recht haben zu wollen. Dass Kinder in Deutschland es da besonders schlimm haben, belegen alle Studien über Sprachlosigkeit in den Familien. Der Fernseher, die Playstation u.ä. läuft.
  4. Liebessphäre: Am Beispiel der Sexualität: Nach dem us-amerikanischen Sexualforscher Kinsey dauert der durchschnittliche us-amerikanische „Liebesakt“ mit Vorspiel, Hauptspiel, Nachspiel 5 Minuten. Objektiv bleibt auch nicht mehr Zeit. Manches Auto erfährt beim wöchentlichen Autoputz mehr Streicheleinheiten als die ganze Familie im Monat. Jede Form von Mitmenschlichkeit wird zur Ware (W. Schmidbauer).

Psychologische Aspekte der Feindbildproduktion

Organisierte Friedlosigkeit ist eine Alltagserfahrung im Kampf um die Arbeitsplätze, um die Stellen am „Futternapf“, um die Renten (Jung gegen Alt oder Alt gegen Jung), um Aufstiegschancen oder um die Schnäppchen im Supermarkt. Der permanente Appell: Geiz ist geil! Haste was, biste was…..treibt die Menschen gegeneinander.

Gewalterfahrungen könnten beantwortet werden mit Abschaffung der Gewalt und ihren ökonomischen Ursachen, tatsächlich ist der durchschnittlich kapitalistische sozialisierte Mensch dazu nicht befähigt worden, sondern reagiert oft nach einem Frustrations- Aggressionsschema. Feindbilder werden produziert:

  1. Voraussetzung ist die Erfahrung eines sozialen Dilemmas: Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, 1000 Ängste, oder staatlicherseits: Mangelhafte Rohstoffvorräte.
  2. Ein Sündenbock wird mit Hilfe der veröffentlichten Meinung konstruiert: International oder national werden aus den sozialen Problemlagen scheinbar herausführende oder doch gewisse ideelle Gratifikationen schaffende Feinde geschaffen. Feindbilder funktionieren nur, wenn
  3. eine subjektive Bedrohungssituation geschaffen wird: Saddam Hussein legt seinen Krummdolch auch an deine Kehle oder legt dir durch eine Drehung am Ölhahn dein Liebstes (Auto) lahm oder die Chinesen, wenn man sie nicht langsam zurückdrängt, ………rauben dir jetzt schon deine Identität, weil sie irgendwelche Dalai Lamas bedrängen und auch deine Meinungsfreiheit demnächst abschaffen.
  4. Es beginnt die Suche nach Abhilfe: Ausgrenzen, Einsperren, Abschieben, Diskriminieren, vielleicht Liquidieren, eventuell auch durch militärische Einsätze, die nicht umsonst Frieden schaffende Maßnahmen oder humanitäre Operationen genannt werden. Das kann als legal oder legitim gerechtfertigt werden.
  5. Materielle und/oder ideelle Gratifikationen sind das Ergebnis: Zwerenz: Wir lassen uns doch nicht auf der Nase rumtanzen! Vor-Ur-Teile sind Vorteile durch Urteile, ob die gerecht sind, „entscheiden“ wir mit Hilfe „staatstragender Organe“ oder anderer Organisationen (Medien, Schule, Kirchen z.B.) ganz „frei“ selbst.

Wenn jemand wüsste, wie da Abhilfe zu schaffen ist, wären wir fein raus. Spätestens seit Engels müssen die unterdrückten Massen „selbst schon begriffen haben, worum es sich handelt“ (Engels, MEW 22,515).

Auch Lenin sieht die Aufgabe darin, die Massen zur „selbstständigen Einmischung in das historische Schicksal des Landes“ zu befähigen und sie aus der „Hegemonie der Bourgeoisie“ herauszulösen (Lenin, Werke, 17,226).

Die Diskussionen im 20. Jahrhundert gehen mit Antonio Gramsci bis heute intensiv weiter (vgl. „Hegemonialapparat“ mit zahlreichen Querverweisen in Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus, Bd.5, 1258ff).

Können linke Parteien den subjektiven Faktor so bilden, dass Massen sich bewegen? Welche Rolle spielen die Gewerkschaften? Können sie überhaupt gegen vom kapitalistischen Staat kontrollierte Medien, Schule, Unis oder direkt von privatkapitalistischen Medien, Schulen, Unis etwas ausrichten?

Wie „schlecht“ muss es Menschen noch gehen, dass sie eventuell wie in Nepal, Venezuela, Paraguay, Bolivien auch auf parlamentarischem Weg versuchen, für Veränderungen zu sorgen?

Lassen die kapitalistischen Länder und das internationale Großkapital diese Veränderungen auf Dauer zu?

Wenn aber Feindbilder, durch die sich eine Wir-Gruppe aufwertet, existieren, sind die wirklich durch Argumente zu korrigieren? Vor-Ur-Teile sitzen im Bauch, füllen seelische Löcher, Argumente aber treffen nur auf den Kopf. Die kognitiv-rationale und emotional-seelische Ebene sind ja nicht unbedingt deckungsgleich!

Wenn es aber darum geht, Identitätsplomben, Ersatzbefriedigungen durch wirkliche Identität und Befriedigung zu ersetzen, müssen wir zunächst die seelischen Defizite aufarbeiten.

Gibt es aber ein richtiges Leben im falschen? (Th.W. Adorno?)

Organisierte Friedlosigkeit hat eine Fülle von hier nur angedeuteten Aspekten:

Legitimation von Rüstung, damit Verzicht auf zivile Lebenschancen,

Legitimation von Krieg, damit Brutalisierung der menschlichen Beziehungen,

Legitimation von Ausbeutung der Arbeitskraft,

Legitimation von Armut und Reichtum,

Legitimation von Unterdrückung geschlechtsspezifisch , kulturell , alterspezifisch, klassenspezifisch ganz allgemein,

Legitimation von Rassismus und Sozialdarwinismus,

Legitimation zur immer weitergehenden Zerstörung der menschlichen Umweltrahmenbedingungen,

Und vieles mehr.

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