Soziologie des Krieges

Am Donnerstag, den 12. März 2009 hielt Wolfgang Dominik im Kulturhaus Taranta Babu, Dortmund, auf Einladung des Rosa Luxemburg Clubs ein Referat. Thema:
Soziologie des Krieges

Die neoliberale Zurichtung der Hochschulen in Deutschland hat zunehmend zur Ausgrenzung gesellschaftskritischer, sozialemanzipativer Wissenschaft geführt. Obwohl es sicher nicht neu ist, dass an 40 Hochschulen in allen möglichen Fachbereichen Kriegswissenschaft betrieben wird, spielte das Thema in der Soziologie kaum eine Rolle. Damit geraten auch sozialpolitische, sozialpsychologische, sozialökonomische Folgen der Militarisierung der Politik nach außen und innen aus dem sozialwissenschaftlichen Blick. Viel wird diskutiert über Werte- und Normenwandel, aber die Rolle, die dabei ein permanenter Krieg spielt, bleibt unreflektiert. Die Akzeptanzproduktion des Militärischen funktioniert hervorragend. Der Referent wird versuchen, aus seiner Praxis in der Friedensbewegung, als Dozent im Weiterbildungsbereich und der Hochschule, als jemand, der Wissenschaft nicht als Fliegenbeinzählerei, sondern als Prozess von konstatierenden, deutenden und wertenden Urteilen versteht, Aspekte zum Thema aufzuzeigen.

1. Kritik der Soziologie als Teil der bürgerlichen Wissenschaft

Das Anliegen jeglicher bürgerlichen Wissenschaft ist es, den gegenwärtigen status quo der kapitalistisch-imperialistischen gesellschaftlichen Verhältnisse auf jeden Fall aufrecht zu erhalten. Die kapitalistische Gesellschaft gilt – das ist die von bürgerlichen Wissenschaftler anerkannte ideologische Prämisse – als die beste aller denkbaren. Alternative historische oder zukünftige in irgendeiner Art und Weise sozialistische Gesellschaften werden a priori dämonisiert, diffamiert, kriminalisiert.

(Historische Ableitung: burgensis = der Bürger = der im Schatten der Burg wohnende mercator, liber, melior, Privateigentümer an Produktionsmitteln und als solcher Arbeit“geber“. Das gilt für den Früh- und Hochfeudalismus, als 95 % der Bevölkerung mehr oder weniger leibeigen war und „Stadtluft frei machte“. Im Französischen gibt es noch die Unterscheidung: bourgeois und citoyen, Bürger im ökon. Sinne wie oben und  „einfacher Staatsbürger“)

Die herrschende Klasse beweist tagtäglich eine unendlich erscheinende Fülle von ideellen und materiellen Gratifikations- und Sanktionsmöglichkeiten, die disziplinierend und regulierend auf die Subjekte wirken.

(Wenn jüngst Roland Koch und Angela Merkel triumphierend verkünden, dass es auch in Hessen wieder eine stabile Mehrheit „bürgerlicher Parteien“ gibt, weist das selbstverständlich in die gleiche Richtung. Der Begriff „bürgerlich“ lässt sich im oben definierten Sinne auf Medien, Pädagogik, Kunst, Politik, Theologie, Ökonomie, Psychologie …. übertragen. Wie die Medien einem unausgesprochenen bürgerlichen Indoktrinationsgebot im hessischen Wahlkampf nachgekommen sind, zeigt die Analyse „Das Kartell“ (Junge Welt 16.2.09). In einer konzertierten Aktion wurde von allen Medien alles unternommen, um Die Linke und natürlich auch Frau Ypsilanti mit den schlimmsten Diffamierungen schlecht zu machen. Hier muss der kritische Betrachter schon fragen, was ist schlicht Ideologie und was ist schon bewusste Lüge und Falschmeldung.))

Die kapitalistischen Basisverhältnisse bestimmen das Bewusstsein (hier sollte dem RLC die berühmte Einleitung „ Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“, MEW 1, S. 378f präsent sein). Die Gedanken der Herrschenden sind in der Regel die herrschenden Gedanken.

Wissenschaftler sind in kapitalistischen Staaten sehr häufig verbeamtete Kopfarbeiter, die ihre Ware Arbeitskraft in irgendeiner Art und Weise, meistens über Schulen und Hochschulen, dem Staat anbieten müssen, von diesem eingekauft werden und gegebenenfalls von diesem Staat sanktioniert werden. Verstaatlichte Kopfarbeiter stehen immer in dem berüchtigten „Treue-Verhältnis“ zu ihrem Arbeitgeber! Die Geschichte der Berufsverbote zieht sich seit ihren Anfängen durch bürgerlich-kapitalistische Gesellschaften.

„Fertige“ Wissenschaftler arbeiten häufig in privatkapitalistischen Unternehmen. Dort dient ihre Arbeit natürlich den Profit steigernden Innovationen. Im Profitinteresse privatisierte Lohnforscher bedienen selbstverständlich ihren Arbeitgeber.

Wiederum andere haben bürgerliche Schulen und Hochschulen durchlaufen und dienen in den Apparaten der Bewusstseinsindustrie eigentlich drei Herren gleichzeitig: dem Staat, den jeweiligen Medienunternehmern und den jeweiligen Geldgebern, der Werbung treibenden Kapitalfraktionen.

In einer Gesellschaft, die auf den 4 Prinzipien

1.     Kapitalakkumulation,

2.      Kapitalrentabilität,

3.     Kapitalexpansion und

4.     Profitmaximierung aufgebaut ist, muss allen Angehörungen der jeweiligen Klassen/Schichten die entsprechende Indoktrination, Erziehung  zukommen, um „frei“ ihre Arbeitskraft verkaufen zu können . (1. Loyalitätsqualifikationen, 2. Intensitätsqualifikationen, 3. Produktivitätsqualifikationen, 4. Zirkulationsqualifikationen und 5. Innovationsqualifikationen. Diese Qualifikationen werden von der Familie, dem Kindergarten, der Schule und Hochschule, Medien, Kirchen u.a. Sozialisationsagenturen jeweils klassen-/schichtenspezifisch „angemessen“ vermittelt ).

Orientierende Erkenntnis mit utilitaristischer Praxis statt begreifender mit sozialemanzipatorischer Praxis ist immer schon eine Herrschaft stabilisierende Maxime für jegliche Bildung gewesen. (Klaus Holzkamp). Jede Klassengesellschaft beruht auf der Massenakzeptanz von sozialer Ungleichheit, die geschlechtsspezifisch, kulturalistisch, biologistisch, rassistisch, physisch, psychisch, mythologisch…. begründet wird. Massen müssen überzeugt werden, trotz zum Himmel schreiender sozialer Ungleichheit, Unfreiheiten, Abhängigkeiten, Instrumentalisierungen ungebrochen an die persönliche Freiheit zu glauben. Wer sich „frei““willig“ unterwirft, ist liebstes Kind der herrschenden Klasse. Das gilt für die 5 Sphären, in denen wir uns täglich bewegen: 1. Produktionssphäre, 2. Zirkulationssphäre, 3. Konsumtionssphäre, 4. Reproduktionssphäre, 5. „Liebes“- oder Gefühlssphäre.

Andere Akademiker dienen als Transzendentalentertainer, als sog. Geistliche systemstabilisierender Großsekten, sog. Kirchen, die eine wichtige Funktion zur ideologischen Rechtfertigung der Verhältnisse einschließlich auch – gerade gegenwärtig in der BRD – der kapitalistisch-imperialistischen Kriege leisten.

Auch auf der gesamten kulturellen Ebene (Literatur, Theater, Kunst – so weit ich das verfolgen kann), wird gemäß den „Richtlinien“, wie sie auch in den Medien herrschen,  eher auf Entertainment gesetzt statt auf kritische Aufklärung.

Im Extremfall gilt: Sex sells, Tittytainment.

Seit dem Werturteilsstreit ist oberstes Prinzip bürgerlicher Soziologie nicht zu werten, Wertungen und soziologische Forschung nicht miteinander zu verquicken. Adorno hat die daraus resultierende Empirie  mal Fliegenbeinzählerei genannt, sozusagen unendliche Mengen empirischer konstatierender Urteile zu sammeln, ohne den Anspruch zu haben, diese im Zusammenhang zu deuten oder gar als wertende Urteile zu kennzeichnen. Die Soziologie stellt nur „Ist-Fragen“ und gibt nur „Ist-Antworten“, „Soll-Fragen“ und „Soll-Antworten“ gehören in irgendwelche Glaubensüberzeugungen.

Selbstverständlich lernt jeder Sozialwissenschaftler schon im 1. Semester, dass die Fragestellungen das Ergebnis beeinflussen. Aber dann glaubt er Ralf Dahrendorf, dass „im Konzert der vielen“ durch Falsifikation und Verifikation (Karl R. Popper) sich das „Richtige“ schon herausstellen wird. Der bürgerliche Soziologe weiß nicht, dass er grundsätzliche gesellschaftliche Fragen schlicht ausklammert; weil er gar nicht auf die Idee kommt, sie zu stellen, kann er auch keine Antworten vermissen. Bekommt er Fragen und Antworten aus historisch-materialistischer Methodologie gestellt, hält er das schon  für wertend, parteilich, nicht objektiv und ruft nach der Freiheit der Wissenschaft.

Grundlegende Fragen wären

1. nach den Eigentumsverhältnissen an Produktionsmitteln,

2. den daraus resultierenden Klassen und/oder Schichten einer Gesellschaft und ihr Verhältnis innerhalb und außerhalb der Produktion und

3. nach den Austausch- Distributions- und Konsumtionsbedingungen und

4. nach dem Geschlechterverhältnis.

Fliegenbeinzähler wissen vielleicht alles über das jeweilige Fliegenbein, finden nur keinen Zugang zum Gesamtkörper der Fliege.

Adorno sprach von der Antizipation der befreiten Gesellschaft, Marxisten sprechen von klassenloser Gesellschaft, gerade wenn es um Perspektiven soziologischer Forschung geht. Nur dem, sagt Adorno, der Gesellschaft entsprechend ihrer gesellschaftlichen Potenzen als bessere denken kann, wird die gegebene Gesellschaft zum Problem. In der Soziologie käme es darauf an, nicht bei administrativen Zwecken der öffentlichen oder privaten Verwertung und Verwaltung stehen zu bleiben. Wissenschaftliches Bewusstsein, das sich wertfrei aufspielt, beruft sich unbewusst auf verordnete oder willkürlich statuierte Werte (vgl. Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, 2. Aufl. 1970, S. 127 u.ö.) oder mit Ernst Bloch: Auch der einsamste Forscher bleibt immer Kind seiner Klasse. Ohne Einsicht in die Totalität der Gesellschaft kann das Funktionieren einzelner Elemente nicht verstanden werden.

Das führt dann dazu, dass bürgerliche Wissenschaftler u.a. in der  Soziologie zu folgenden Methoden greifen:

1.     Mythologisierungen und Mystifizierungen,

2.     Personalisierung gesellschaftlicher Entscheidungen

3.    Psychologisierung gesellschaftlicher Prozesse oder einzelner Personen,

4.     Pathologisierungen, Kriminalisierung

5.     Ontologisierung,

6.     Privatisierung und Intimisierung,

7.     Biologisierung,

8.     Naturalisierung,

9.     Anthropologisierung, Meteorologisierung,

10. Moralisierung,

11. Relativierung,

12. Polarisierung, Schwarz-Weiß-Malerei, Stereotypisierung.

Das sind nur einige wichtige Methoden der Entökonomisierung, Entpolitisierung und Enthistorisierung von gesellschaftlichen Vorgängen.

Klar soll werden, dass drei wichtige methodologische Grundprinzipien oder -fragen nicht gestellt werden, weil sie erst gar nicht in den Blick kommen:

1.     Wie hängt Teil und Ganzes zusammen?

2.     Wie hängen Empirie und Theorie zusammen?

3.     Welche Beziehung besteht zwischen Materiellem und Ideellem? Oder kurz: Gesellschaftlichem Sein und gesellschaftlichem Bewusstsein?

Im Prinzip konnte und kann die Bourgeoisie ihre spezifischen Partikularinteressen nicht nur ideologisch „Wir sitzen alle in einem Boot“ über verschiedene Transmissionsriemen in die Köpfe der Menschen, also als Allgemeininteressen,  umsetzen. Kollektive ideologische Schutzimpfungen  und falls erwünscht eine kollektive Anästhesie und Amnesie mancher, gerade kriegerischer Ereignisse , kann relativ leicht erreicht werden.

Eine solche Einleitung in das Problem „Soziologie des Krieges“ scheint mir notwendig, um ein systemimmanentes Defizit zu erklären.

Die ideologische Subjektion  (W.F.Haug) schließt im hegemonialen Diskurs alle Fragen nach Profitinteressen, Cui bono?, neokoloniale oder neoimperialistische Eroberungen  aus. Die ökonomische, politische, ideologische und militärische Zurichtung der Welt entsprechend den Verwertungsinteressen des großen Kapitals wird als naturgegeben  hingenommen. Das Nachdenken über sozialemanzipatorische Alternativen zum Beute-aus-wer-kann-System (Stefan Heym)  wird als disfunktional nicht nur gemieden, sondern regelrecht verboten.

An den wenigen Abteilungen der wenigen Universitäten, in denen im Gefolge der 68er Bewegung auch wenige Marxisten ansatzweise für etwas Pluralismus sorgten, ist die Entwicklung nach Emeritierung der Lehrstuhlinhaber von Berlin (Krippendorff, Narr,  Institut für Kritische Psychologie [Tod von Klaus Holzkamp]) bis Marburg (Kühnl, Deppe, Fülberth)  radikal rückläufig. Und das Schlimme, so hat Wolfgang Fritz Haug einmal im „Argument“ geschrieben, ist, dass die Studenten und wie selbstverständlich der übrige Lehrkörper das gutheißen oder zumindest keine Einwände haben. Auch was in den 70er und 80er Jahren an Wissenschaft auch unter dem Aspekt Frieden getrieben wurde, ist bis auf Relikte abgeschafft.

30 Jahre habe ich ja auch an einer Hochschule gearbeitet. Freunde und Bekannte, die Anfang der 70er Jahre noch „Erziehung und Klassenkampf“, so der Name einer Zeitschrift, z.B. zum Thema auch in der Soziologie hier an der Uni Dortmund, damals z.T.  noch Pädagogische Hochschule, machten, rückten Stück für Stück ins bürgerliche Lager, vor allem wenn sie an der Hochschule fest verbeamtet waren. Bestimmte Examensarbeiten, Promotionen usw. verflachten immer mehr im Mainstream – Angst vor Berufsverboten (ab 1972) breitete sich flächenbrandähnlich aus. Ich durfte damals allmählich nicht mal mehr Referatthemen stellen, in denen Reizwörter wie Kapitalismus oder Klassen vorkamen. D.h. ich durfte schon, nur die Studenten wünschten das nicht mehr, weil die Themen auf die Seminarscheine kamen und die müssten bei Prüfungen vorgelegt werden! Und das war gefährlich!

Soziologie des Krieges taucht in der Soziologie zum 1. Mal 1929 auf, verschwindet dann wieder und erscheint als Polemologie 1945 bei einem französischen Autor.

Es gibt, ein Blick in die einschlägigen Einführungen in die Soziologie zeigt das, inzwischen  Dutzende von „Bindestrich-Soziologien“, die es so 1945 noch nicht gegeben hat. Und es kommen ja dauernd neue hinzu.

Soziologie hat es mit der Erfassung, Deutung und Bewertung von gesellschaftlichen Ursachen und Erscheinungen unter bestimmten ökonomisch -politisch-ideologisch-gewaltförmigen Rahmenbedingungen zu tun. Insofern ist es richtig, auch gesellschaftliche Teilbereiche unter Berücksichtigung der strukturellen Totalität der Gesellschaft zu untersuchen. In der Soziologie werden unendlich viele Teilbereiche untersucht, nie aber auf die Makro-Ebene, den gesamtgesellschaftlichen Kontext gehoben oder von daher abgeleitet. Eigentlich verdienen viele Teilbereiche der Soziologie diesen Namen Soziologie nicht, weil sie ent-gesellschaftet sind.

Eine Soziologie des Krieges taucht so gut wie nie auf. Verschämt wird manchmal bei „Politischer Soziologie“ oder Soziologie der Entwicklungsländer (womit nicht die kapitalistischen Länder gemeint sind, die sich auf Kosten der Länder des peripheren Kapitalismus entwickeln, sondern die Länder, in denen die kapitalistischen Metropolen seit 500 Jahren Hunger, Krieg, Mord und Totschlag entwickeln) auf wohl unvermeidliche Kriege zwischen irgendwelchen Stämmen hingewiesen, aber sonst fehlt das Thema.

In der Einführung in Praxisfelder der Soziologie von Hermann Korte und Bernhard Schäfers herausgegeben und da sie im UTB Leske + Budrich erscheint eine für viele Studenten fast verbindliche Einführung, ist es wie in allen anderen Einführungen: Den Autoren scheint nicht bewusst zu sein, dass die Bundeswehr einer der größten „Arbeit“geber ist, und da über 6 Millionen deutsche Männer und einige Frauen inzwischen die „Schule der Nation“ durchlaufen haben , müsste man sich schon soziologisch Gedanken machen z.B. beim Themenbereich Arbeits- und Betriebssoziologie, Soziologie der Erziehung und Bildung, Techniksoziologie, Stadt- und Regionalsoziologie, Soziologie des Rassismus und Neofaschismus (nein!!, das taucht auch selten auf! An meiner Abteilung hieß es später: Das gehört in die Politiologie, hat mit Soziologie z.B. der Kindheit und des Jugendalters nichts zu tun) , ja , selbst bei Sportsoziologie oder Medizinische Soziologie oder Rechtssoziologie. Aber das Militärische scheint sich außerhalb der Gesellschaft abzuspielen, hat auch trotz ungeheuren finanziellen Aufwandes und ökonomischer, sozialer, ideologischer Bedeutung nichts mit der Gesellschaft zu tun.

Ein Blick in die Vorlesungsverzeichnisse, soweit das im Internet möglich ist, bringt das gleiche Ergebnis. Seit Auguste Comte ist Soziologie auf Ruhe und Ordnung abonniert – schreibt Sven Papcke, der im WS 2002/3 an der Universität Münster ein Seminar „Soziologie des Krieges“ anbietet..

Einige wenige verstreute andere universitäre Angebote finden sich, z.B. im WS 2004/5 von Barbara Kuchler an der Universität Mainz.

Obwohl Kriege gerade auch in europäischen Gesellschaften eine zentrale Rolle gespielt haben und spielen, bleibt die bürgerliche Soziologie davon weitgehend unberührt. Aber auch, wenn das Thema expressis verbis z.B. in einer Einführung in die Soziologie abgehandelt wird (bei Anthony Giddens auf ca. 40 von ca. 860 Seiten), wird das Thema nur auf der Erscheinungsebene abgehandelt, an die ökonomischen Ursachen wird nicht gerührt, auch wenn der militärisch-industrielle Komplex und seine vielleicht recht zweifelhaften Machenschaften angesprochen werden. Immerhin ist Giddens „nebenbei“ einer der Väter des Neoliberalismus in Großbritannien und Berater Blairs gewesen.

Auch bei Giddens also gelingt – wie gesagt – die Vermittlung, die  Dialektik von Makro-, Meso- und Mikro-Ebene in keiner Weise, auch weil bürgerliche Wissenschaftler oder Autoren davon kein Bewusstsein haben. Ideologie – so muss man immer wieder feststellen – hat nichts mit Lüge oder böser Absicht zu tun, sondern ist zunächst einmal die Internalisierung vorhandener Rechtfertigungslehren. Klaus Ottomeyer formulierte: Wir lernen zu wollen, was wir sollen, und wollen es schließlich, ohne noch zu merken, dass wir es sollen und nennen uns frei!

Am intensivsten setzt sich das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr mit Themen auseinander, die an jedes soziologische oder sozialwissenschaftliche Institut einer Hochschule gehörten: Allerdings weiß man schon durch  Diktion und Schwerpunktthemen, worum es geht: Die Soziologie als Teil der Legitimationsstiftung, der Sinngebungsinstanzen, der Bewusstseinsindustrie, Okkupation der Deutungs- und Interpretationshoheit. Es geht um Militär und Ethik (Ethik der Inneren Führung, Ethos der Weltreligionen), Auslandseinsätze, Meinungsumfragen, Transformation (Ökonomische Modernisierung der Bundeswehr, Frauen in der Bundeswehr, Streitkräfte in einer postheroischen Gesellschaft….).

Hier geht es ansatzweise um Menschen unter bestimmten Rahmenbedingungen:

Psychogramm, Soziogramm, Genogramm und Organigramm tauchen ganz richtig – wenn auch einseitig aus der Perspektive ihrer militärischen Bedeutung und Verwertbarkeit – auf.

2. Themen einer Soziologie des Krieges

Die Themen einer Soziologie des Krieges müssten  entsprechend den vorhergehenden Überlegungen sein:

Die historisch-materiellen  ökonomischen Ursachen von Kriegen,

Aspekte geoökonomischer, geopolitischer, geostrategischer Ressourcensicherung,

Soziologie des sog. Ost-West-Konflikts oder Systemauseinandersetzungen und ihre militärische Bedeutung,

Postfaschistisches Deutschland: Der „Kalte Krieg“, „Friedliche Koexistenz“ oder Politik „short of war“?

Ökonomische, personelle, politische, ideologische, militärische Restauration der BRD

(Neo-)Kolonialismus, (Neo-)Imperialismus,

(Kapitalistische) Staatenkonkurrenz,

Rüstungswettlauf und seine ökonomischen, militärischen, politischen, sozialen und psychischen Konsequenzen,

Sozialpsychologische Mechanismen der Feindbildproduktion,

Militarismus, Rassismus, Sexismus,

Der Krieg der Zukunft an der Informationsfront,

Kriegspläne, Kriegsstrategien, Kriegsfolgen,

Weltweites Netz von Militärstützpunkten garantiert ständigen Krieg: Sitz des EUCOM in Deutschland

EU-Militärstützpunkte weltweit,

Strafverfolgung von Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Vorbereitung und Führung eines Angriffskrieges –

(Die USA und ihre Ablehnung des ICC -Abkommen? (außerdem China, Israel, Irak, Jemen, Libyen, Quatar) ab)

Atomkriegsoptionen,

Neue Atomkriegsmöglichkeiten durch die US-amerikanischen „Raketenschilde“ in Polen und Tschechien,

Kontinuität und Diskontinuität von Kriegsgründen,

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des militär-industriell-politischen Komplex, seine personelle und finanzielle Verflechtung mit dem Medienkapital und der nichtmonopolistischen Bourgeoisie vor allem im Staatsapparat,

Untersuchungen zu einem 60 Jahre alten Kriegsbündnis: Die NATO,

Materielle und ideelle Kosten des Krieges,

Die Militarisierung der EU

Rüstungssoziologische und soziale Aspekte des Vertrags von Lissabon

Polizeisoldaten – Vermischung von Militär und Polizei unter dem ideologischen Begriff „Vernetzte Sicherheit“,

Funktionalisierung der UNO durch die NATO,

Asymmetrische Kriege

Waffen töten nicht nur im Krieg,

Zum Umgang mit Dissidenten in NATO-Armeen (Kriegsdienstverweigerer, Kritiker in Uniform),

Untersuchungen des nationalen und internationalen sozialen Wandels, den Kriege auf allen Seiten der Beteiligten und auf allen ihren Lebensgebieten, gesellschaftlichen Teilbereichen bedeuten (vgl. www.bo-alternativ.de/G-7-vortrag-25.-04-07.htm und www.bo-alternativ.de/friedensplenum/wolfgang-dominik-10-06-06 ),

Sozialraub und Rüstungsausgaben,

Analyse der ideologischen Elemente der Kriegspsychologie  aus dem Primat der Ökonomie,

Soziologie der think-tanks: Mont Pèlerin Society, INSM und vor allem  Bertelsmann als politisch-ideologisch-militärische Kriegsplaner,

Rüstungsforschung an 40 Hochschulen,

Die Privatisierung des Militärs,

Kriege durch Spezialfirmen wie Halliburton, Carlyle u.ä.,

Krieg und Klimawandel, Kriege und Hunger/Durst,

Krieg im Internet,

Krieg und demographische Entwicklung,

Die Subjekte des Krieges und die Kriegsverweigerer und ihre jeweiligen Motive,

Wandel  der Kriegsbilder in der BRD durch die Enttabuisierung des Militärischen (Schröder),

Rechtliche Aspekte von Krieg,

Kriegsberichterstattung,

Die zivil-militärische Zusammenarbeit – was sucht die Bundeswehr in allen Rathäusern aller Städte?

Organisierte Friedlosigkeit (vgl. www.bo-alternativ.de/dfg-vk/friedlosgkeit.rtf oder pdf )

Theologie  als Legitimationshilfe für Kriege (vgl. www.bo-alternativ.de/friedensplenum dort etwas scrollen bis Wolfgang Dominik),

Krieg verändert Menschen,

Wie werden sog. Sieger und deren Opfer im Krieg behandelt?

Wie entwickelt sich Sprache als Kriegsführungsmittel,  Sprache als Waffe – das gleiche gilt für Bilder.

Wie werden von den Herrschenden Ideologien weiterentwickelt, um mit Kriegsopfern fertig zu werden, um ganz neue Kriege trotz materieller und personeller und psychischer Opfer weiterzuentwickeln?

Psychogramm, Soziogramm, Genogramm, Organigramm und die sozialpsychologische Frage von frühkindlicher Sozialisation und Gewalterfahrung, Gewaltbereitschaft, Gewaltausübung ,

Welche psychischen Modellierungen, Uniformierungen, Kolonialisierungen finden pränatal, perinatal, postnatal statt?

Dialektik von Gesellschafts- und Individualcharakter,

Einübung in die sozial-ökonomisch-politische Praxis der Klassengesellschaft,

Jede(r) ist sich selbst der nächste – possessiver Individualismus,

Frauen und Krieg,

Sozialabbau als Rekrutierungshilfe für Mann und Frau

Wie kommt der Krieg in die Köpfe – und in die Herzen? – so ein „Kölner Aufruf gegen Computergewalt ( einzusehen bei: koelner.aufruf@gmx.de)

Armut als Kriegsursache – Die Militarisierung des Neoliberalismus. Wollt ihr den totalen Markt?

Neoliberales State Building

Krieg als Entwicklungshilfe

Die Konzepte von CIMIC: Vermischung von Militär und Entwicklungshilfe

Kriegseinsätze mit Entwicklungshilfegeldern

Neoliberalismus, Militarisierung der Gesellschaft, Neofaschismus und Militarismus (vor allem die VVN-BdA und da vor allem Ulli Sander hat wesentliche Beiträge zu diesem Thema geschrieben (man/frau abonniere die entsprechenden Mitteilungen der VVN-BdA!: www.nrw.vvn-bda.de

Was heißt Imperialismus und Neokolonialismus heute?

Wie dient die Entgeschichtlichung von Geschichte zur Legitimierung von Kriegen (Knoppisierung der Geschichte, Historytainment, Militainment, Politainment),

Geschichte der Friedensbewegung (vgl. Wolfgang Dominik, Kleine Geschichte der Friedensbewegung zu finden unter www.bo-alternativ.de/friedensplenum/aktuell/?p=46 und auch …..p=47, dort: Wolfgang Dominik, Kleine Geschichte des Antikriegstags,

Friedenspolitische Alternativen,

Zivile Konfliktlösungsstrategien,

Perspektiven des antimilitaristischen Widerstands,

Konversionsmöglichkeiten,

Die Militarisierung von Forschung und Lehre an deutschen Universitäten.

Selbstverständlich werden viele bürgerliche Soziologen direkt sagen: Das meiste ist doch Politik! Das gehört in die Politologie oder die Geschichte oder …..

Nur: Dass Soziologie immer auch interdisziplinär arbeitet, wird an den vielen Bindestrich-Soziologien sofort deutlich. Und da sagt bei Familien- oder z.B. Sportsoziologie auch niemand: Gehört doch in die Erziehungswissenschaften oder Sportwissenschaften…. (Ganz abgesehen davon, dass die gerade aufgeführten Themen so auch nicht in der Geschichtswissenschaft oder Politologie auftauchen!)

3. Medien und Krieg

Hier müssten jetzt mehrere soziologische Vorlesungen oder Seminare folgen, in denen die genannten Themen behandelt werden.

Als ein Beispiel will ich Medien und Krieg anreißen. Eigentlich ist das ein Seminarthema, weil zahlreiche der o.g. Themenbereiche besprochen werden müssten.

Es ist fast genau 10 Jahre her: Wir sahen damals einige Tage lang folgende Bilder im Fernsehen: Kinder mit vor Angst weit aufgerissenen Augen, Frauen, die panisch ihre Kinder umklammerten, den ohrenbetäubenden Lärm von einschlagenden Bomben und vom Dach irgendeines Hotels die Feuer, die die einschlagenden Bomben und Raketen auslösten, traumatisierte Menschen in den U-Bahn-Schächten Belgrads. Das war vor 10 Jahren, wenige Tage nach dem NATO-Überfall auf Jugoslawien. Dann gab es die Meldung, dass die unerträglichen serbischen Propagandasender erfolgreich bombardiert worden seien. Der Krieg wurde uns wider klinisch rein serviert. Es gab keine vor Angst zitternden Kinder und Frauen mehr im deutschen Fernsehen.

Die NATO beanspruchte die Definitions- und Interpretationsmacht über das Kriegsgeschehen für sich allein und bekam sie auch. Weil aber sogar ein Sender, der in Opposition zur serbischen, damals ja noch jugoslawischen Regierung stand, dennoch weiterhin auf das furchtbare Leid der (insgesamt 79 Tage lang) bombardierten Bevölkerung aufmerksam machte, wurde auch dieser Sender wenige Tage später bombardiert. Irgendwie hatten nämlich andere als die NATO-Nachrichten  – wenn auch nur kurz – immer noch Eingang die Nachrichtensendungen gefunden.

Die Meinungsfreiheit stirbt in jedem Krieg – darauf wiesen einige Medien hin, zogen aber keinerlei Konsequenzen, sondern betätigen sich weiterhin als  „Regierungsamtliche Verlautbarungssprecher“. Auch deutsche Kritiker, die nun keineswegs zu der Linken oder zu Milosevic-Fans gezählt werden konnten, die aber u.a. als UNO- oder OSZE-Beauftragte einen genaueren Blick auf die Ereignisse hatten, wie z.B. General Loquai (auch gleich vom Kriegsministerium in Pension geschickt, weil er nicht die gewünschten Ergebnisse ablieferte) oder der ehemalige US-Justizminister Ramsey Clark, wurden schlicht ausgeblendet.

Auch als der Bochumer Germanistik-Professor Jürgen Link im Sommer 1999 die Bombardierung von Chemie – Werken in Jugoslawien als Gasvergiftungskrieg gegen einen Teil der Bevölkerung bezeichnet und darauf hinwies, dass das von Politikern und Militärs billigend in Kauf genommen wurde, berichteten die Medien nicht darüber.  (vgl. Amos 2/1999, S. 10, schon 1992 hat „Monitor“ den „Baby-Mord von Kuwait“ als Propaganda-Lüge entlarvt und die Kronzeugin war nicht ein armes Flüchtlingskind in Kuwait, sondern Mitglied der königlichen Familie, wohnend in New York. Dieses Mädchen ist von der PR-Firma Hill&Knowlton auf ihre Rolle einschließlich vieler Tränen getrimmt worden.  Diese Entlarvung durch Monitor wurde von  den übrigen Medien durch die Bank verschwiegen).

Da gilt für die Medien das, was Noam Chomsky über die Medien, über production of consense gesagt hat:

Es gibt 3 Arten von Gräueln:

1.     Gutartige Blutbäder durchgeführt von uns oder unseren Freunden gegen ganz teuflische Feinde mit oder ohne Versteckspiel unter Zivilisten zum Erreichen eines von uns als gut definierten Zieles. Z.B. sagte Frau Albright mehrmals, dass 500.000 tote irakische Kinder zum Sturz Saddams hinzunehmen sind. Das bedeutet für Afghanistan oder Irak, dass B-52-Bomber  Schneisen mit Cluster-Bomben „daisy cutters“ durch Stadt und Land von 400 m Breite ziehen, wo alles in einem halben Meter Höhe durchlöchert wird (Butterblumenabschneider).

2.     Es gibt konstruktive Blutbäder z.B. Henry Kissinger am 11.9. 1973 in Chile angerichtet. Bruno Heck, damals CDU-Generalsekretär, immerhin vorher oder nachher auch Familienminister: Die Demokratie muss manchmal in Blut gebadet werden.

3.     Es gibt verabscheuungswürdige, teuflische Blutbäder, z.B. den 11.9.20001 in New York, wo dann auch tatsächlich ein Verbrechen zum Kriegsgrund gegen einen anderen Staat gemacht wurde.

Neben ökonomischer, politischer, militärischer ist natürlich die mediale Hegemonie in Kriegen entscheidend. Der Krieg der Zukunft ist mehr als andere Kriege bisher ein Krieg um die Köpfe und Seelen, ein Krieg der „Informationen“.

Wobei wieder nicht die Holzhammermethode angewandt wird, sondern das, was der Volksmund Salamitaktik nennt. Oder soziologisch: Zunächst macht z.B. Volker Rühe Applikationsvorgaben für späteres Handeln und organisiert damit „step by step“ die Akzeptanz des späteren Handelns. Oder es fängt harmlos unter der fortlaufenden Propaganda „wir sind nur Verteidigungsarmee“ an, spätestens 1991 erhält Deutschland das ius ad bellum, erst werden 1991 Alpha-Jets in die Türkei verlegt, aber sollen nur im Falle eines Angriffs zur Verteidigung starten, dann werden auch 1991 „die Engel von Pnom Penh“ kreiert ( Sanitätssoldaten, die  nach Kambodscha geschickt wurden), dann 1992 Minensuchboote in den Golf, dann ein paar Monate später Marineblockade gegen Jugoslawien,  gleichzeitig Bundeswehrversorgungsflüge nach Sarajewo, wieder ein paar Monate später im Dezember 1992 Blauhelme nach Somalia; damals klagt die SPD noch vor dem Bundesverfassungsgericht, denn „out of area“ lässt sich kaum noch verheimlichen, es folgen 1993 die Teilnahme an AWACS-Flügen, 1995 wird schon eine Beteilung an einer europäischen Eingreiftruppe für Bosnien beschlossen und die ersten Tornados bombardieren mit anderen NATO-Einheiten serbische Stellungen und es geht step by step weiter, bis dann BILD am 24.3.1999 triumphiert: Deutsche Bomber in der ersten Reihe. Und das alles unter Rot-Grün. Aber es war ja kein Krieg, sondern  die Verhinderung von Auschwitz gegen einen neuen Hitler.

Von Massenkommunikation redet  die bürgerliche Soziologie. Zum Begriff kommunizieren gehört, dass es irgendwie um den Austausch von Meinungen geht. Bei dem, was aber Massenkommunikation heißt, geht es um die einseitige hegemoniale Deutungshoheit einiger weniger, die ihre Sicht der Dinge über ihre Medien in die Köpfe und Seelen der Menschen transportieren. Massenkommunikationsmittel kann man dann am besten übersetzen mit Massenbeeinflussungs- oder Massenmanipulationsmittel. Massen werden einer ideologischen Massenschutzimpfung gegen unliebsame Gedanken unterworfen.

Selbst da, wo systemstabilisierende Detailkritik geäußert werden darf, kann sie als systemstabilisierende Detailkritik keinen Schaden anrichten, weil sie in der Unaufhörlichkeit des herrschenden Meinungssumpfes versinkt. Aber selbst sanfte und verbindlich vorgebrachte Detailkritik muss beschnitten werden. Die jüngsten Auseinandersetzungen um frontal 21 um die Nachfolge von Theo Koll zeigt das (vgl. WAZ vom 21.2.2009). Für Koch und Stoiber scheint Koll schon ein ganz Linker gewesen zu sein.

Wir wissen, dass es kaum noch investigativen Journalismus gibt – auch der müsste nicht nur bezahlt werden, sondern irgendwo müsste auch Interesse an ihm bestehen, die Ergebnisse zu veröffentlichen. Wenn bei Sabine Christiansen oder Anne Will wie früher schon bei Werner Höfer 5-6 bürgerliche Politiker, Journalisten oder direkte Beauftragte des Großkapitals (z.B, der INSM – Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft) oder gar Großkapitalisten selber gegen einen Linken antreten, dann ist die Situation des einen schon allein durch die „gerechte“ Zeitverteilung, alle kommen „gerecht“ die gleiche Sekundenzahl dran, aussichtslos.

Wenn aber dennoch mal durch Zufall die falschen Leute eingeladen worden sind, dann wird, wie jüngst (Jan. 2009, Anne Will) zum Überfall Israels auf den Gaza-Streifen, die Sendung ganz abgesetzt. Ansonsten: Die Sendungen heißen

Talkshow. Und Show impliziert hier immer, dass (meistens ) ein Linker vorgeführt wird.

79 Tage bombardierte die NATO die Infrastruktur Jugoslawien in Schutt und Asche. Kanzler Schröder: Wir führen keinen Krieg! Zwar gingen schon nach 4 Tagen die kriegswichtigen Ziele aus, dafür wurden dann Schulen, Krankenhäuser, Straßen, Brücken, E-Werke, Wasserwerke, Flüchtlinge zu kriegswichtigen Zielen erklärt. Dazu praktizierte die NATO alte Erfahrungen aus früheren Kriegen einzelner Mitglieder, nämlich das Prinzip des Ökozids, indem Chemiewerke und Raffinerien bombardiert wurden, deren die Umwelt zerstörende Inhalte in die Luft, in das Wasser, in den Boden und in die Menschen weit über Jugoslawiens Grenzen hinaus transportiert wurde. (Jürgen Link: Neue Form des Gaskrieges)

300 Tonnen depleted uranium, also atomare Munition, und Zehntausende von Clusterbomben, von denen ca. 20% zunächst gar nicht explodieren sollen, liegen auf dem Boden des ehemaligen Jugoslawiens.

Scharping, Fischer, Jamie Shea, der NATO-Sprecher tischten jeden Abend im Fernsehen neue Lügen auf, die am nächsten Tag trotz aller Kritik informierter Minoritäten kritiklos in den Main-Stream-Medien veröffentlicht wurden. Jamie Shea verkaufte sich nach dem NATO-Krieg mit Vorträgen „Wie verkauft man einen Krieg – Die ultimative Public-Relations-Herausforderung.“  Damit machte er Karriere: Er wurde Leiter des Büros für Information und Presse im NATO-Hauptquartier und ist heute Chef des politischen Planungsstabes des NATO-Generalsekretärs (jW 6.3.09).

Jahrelang wurde der Krieg durch die Lohnschreiber deutscher Medien für die deutschen Bürger psychologisch vorbereitet. Auch wenn irgendetwas eigentlich ganz klar war, galt die Devise: Und ist mal etwas klar, kommt der Kommentar, der alles relativiert und weichspült.

Neue Begriffe waren durch die Medien bald eingebürgert: Humanitäre Intervention, Menschenrechtsoperation, bewaffneter Pazifismus, Friedensmission, Frieden schaffende oder Frieden bewahrende Maßnahmen, Befriedungsmission, Befreiungsoperation,  Entwaffnungsaktion, Antimassenvernichtungsmittelaktion, und natürlich nicht erst seit dem 11.9.2001: Anti-Terror-Krieg, Friedensoperationen, Bombardements wurden zu Luftschlägen, mittelalterliche Begriffe wie Fehde oder Waffengang wurden eingeführt      – der deutsche Soldat erschien als eine Mischung aus barmherzigen Samariter und leicht bewaffnetem Rot-Kreuz-Sanitäter und – noch mal –  Kanzler Schröder erklärte seinem Volk im Fernsehen: „Wir führen keinen Krieg.“

Barak Obama scheint eine neue Wortschöpfung den alten hinzuzufügen: Die USA und Europa müssen in Afghanistan mehr Präsenz zeigen!

Der Feind, repräsentiert durch den feindlichen „Führer“ Milosovic, wurde zum 2., 3. oder 4. Hitler erklärt (vorher war schon Saddam Hussein dran, später kam noch Ahmadinedschad hinzu) und der Krieg wurde geführt, um ein neues Auschwitz zu verhindern. (Auf so viel sozialwissenschaftlichen „Sachverstand“ und innovatives Denken muss man erstmal kommen!). Tausende von zivilen Zerbombten, Zerfetzten wurden zu Kollateralschäden erklärt.

Die sog. 4. Gewalt im Staat wurde zum ausführenden Organ der Regierung, ein „massenmedialer“ Regierungssprecher. Gerade viele Anchormen und Anchorwomen beanspruchen ein ziemlich grenzenloses Vertrauen. Und tatsächlich zeigen Umfragen, dass die Konsumenten ihren Anchor(wo-)men vertrauen.

Die Friedensbewegung der  achtziger Jahre konnte jedenfalls von den Herrschenden 1991 zum 1. Mal, spätestens 1999 zum 2. Mal und 2001 zum 3. Mal erfolgreich gespalten werden. Das dauernde verbale und bildhafte Propaganda-Stakkato zeitigte aus Sicht bürgerlicher Politiker und Medienmacher schöne Erfolge. Eine neue Teilung ist seit Januar 2009 im Gange: Darf man Israels Verbrechen beim Überfall auf Gaza kritisieren oder ist das schon Antisemitismus?

1991, mit dem 1. Krieg der USA auf den alten Verbündeten Irak,  war auch die bange Frage der Militärs und Rüstungsproduzenten von 1990/91 geklärt: Der Feind ist weg, wir sind umzingelt von Freunden, was machen wir bloß? Friedensdividende – das kam nicht in Frage. Der Islam in seinen verschiedenen Varianten tauchte als neuer, aber auch schon alter, Feind auf, lange vor dem 11.9.2001. Auf alten Spiegel-Titeln sieht man Kissinger und Ford schwerst bewaffnet die Erdölquellen im persischen Golf erobern (s. Der Spiegel, 13.1.1975). Die Erdölvorkommen wurden 100 Jahre vorher ins imperialistische Eroberungsinteresse gerückt.

Aber selbst wenn sogar in der ARD um 20.15 Uhr ein Film über einen Bundeswehrsoldaten mit PTBS (posttraumatisches Belastungsstörungen oder Belastungssyndrom) gesendet wird, ist irgendwie der Islamismus dran schuld, aber es folgt Heilung durch eine nette Nachbarin auf dem Fuße. Von den Hunderttausenden von Opfern der NATO in Afghanistan kein Wort, von deren PTBS nichts, von deren Tod und Elend auch nichts, aber unser Soldat ist das Opfer. Die WAZ veröffentlicht 2 Tage später (4.2.09) Zahlen des Kriegsministeriums, dass es ja bisher nur 477 SoldatInnen sind, die an PTBS leiden. Das entspreche mal eben von 62 000 Soldaten im Auslandseinsatz einer Häufigkeit von 0,77 %. Allerdings gibt es immer wieder Zahlen aus US-Kreisen, die von bis zu 10% PTBS-US-SoldatInnen sprechen und auch in Deutschland wurden schon Zahlen von 5-10 % Bundeswehr-SoldatInnen genannt. Selbst der Bundeswehrverband geht, nach der WAZ, davon aus , dass viele SoldatInnen über ihre Schwierigkeiten erst gar nicht sprechen, weil sie sich einfach schämen. Männer sind Männer – Mann bleiben!

Im Endeffekt bleibt selbst solch ein Film ein Propagandafilm zur Rechtfertigung des Kriegseinsatzes in Afghanistan. „Der gute deutsche Soldat will fern in der Welt anderen helfen, wird aber trotz aller guten Absichten verkannt, wird zum Opfer und muss jetzt für seine guten Absichten leiden“, ist die Botschaft des Films.

Folgerichtig wird bei den Herrschenden nicht über die einfachste Lösung zur Vermeidung von PTBS-SoldatInnen nachgedacht, sondern am 12. 2. 2009 wird vom Bundestag beschlossen, die Behandlungsmöglichkeiten finanziell zu verbessern. Allerdings weist die entsprechende website auf „error“, wenn man sie anwählt (Stand Anfang März 2009): (www.familienbetreuung-bundeswehr.de).

4. Politisch-ökonomische Rahmenbedingungen des Mediensystems im kapitalistischen Gesellschaftssystem

4.1 Einführende Zusammenfassung

„Empirische Befunde zeigen, daß (sic!) Journalismus heute in erster Linie durch eine großbetrieblich-industrielle Produktionsweise und bestimmte formalisierte professionelle Prozeduren gekennzeichnet ist. Das heißt, die Herstellung und Bereitstellung von aktuellen Themen unterliegen grundsätzlich den Kriterien der Warenproduktion in modernen Gesellschaften: Sie muß organisatorisch und technisch so beschaffen sein, daß sie insbesondere ökonomischen Effizienzkriterien gerecht wird. Es ist deshalb davon auszugehen, daß  die Konstruktionspläne, nach denen Medien ihre Wirklichkeitsmodelle entwerfen, diesen Maßstäben entsprechen.“ (Medien und Kommunikation, Studienbrief 6, S. 30). Das Ergebnis ist vervielfältigte Einfalt, von manchen bürgerlichen Journalisten „Pluralismus“ genannt.

Neoliberalismus bedeutet nicht nur Deregulierung aller sozialen Absicherungen, die die Arbeiterbewegung in mehr als 150 Jahren erkämpft hat, sondern auch Deregulierung der Köpfe, des Bewusstseins. „Freiheit“ bedeutet, die veröffentlichten Ideologien zu übernehmen, die einem in den Kram passen. Patchwork-Identität durch ständig wechselnde und übernommene Patchwork-Präsentation der Realität durch Eltern, Schule, Medien führt zur Relativierung der Meinung. Possessiver Individualismus wird aufgewandt von denen, die aus religiösen oder rassistisch-faschistischen Gründen Religion als Opium des Volkes brauchen. Da gibt es keine Relativierung. Aber sonst gibt es ja zu jedem Thema die unterschiedlichsten Meinungen und überall ist ja irgendwas dran.

Dass Neoliberalismus national und international auch Krieg nach Innen und Außen bedeutet, dass Krieg die Fortsetzung der Ökonomie mit anderen Mitteln ist, ist offensichtlich den wenigsten Journalisten bewusst.

Ein Journalist hat, was das Thema Krieg angeht, ja in der Regel nicht gelernt, die in Teil 1 aufgeworfenen Probleme zu reflektieren. Und selbst wenn er es könnte, wird er bald gelernt haben, dass seine individuelle Meinung nicht gefragt ist, weil hinderlich für den doppelten Verkauf der Ware „Nachricht“.

Ein Buch z.B. wie das von Jürgen Todenhöfer, Warum tötest du, Zaid?, sogar bei Bertelsmann 2008 erschienen, wird 14 Tage lang in den Medien kurz beachtet, dann aber geraten die Aussagen Todenhöfers, der ja auch nur als ehemaliger Top-Politiker der CDU oder Top-Manager des Burda-Konzerns überhaupt Beachtung findet, schnell in Vergessenheit.

4.2 Die Ebene der Einzelkapitale

Das Steuerungsprinzip für den einzelnen Medienkapitalisten wie für die als

Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung öffentlich-rechtlichen Anstalten heißt Kapitalrentabilität und Profitmaximierungen mit dem Ziel der Kapitalakkumulation und Kapitalexpansion. Der einzelne Medienkapitalist versucht auf jeden Fall bei den Arbeitskräften zu sparen (aktuell, d.h. Ende 2008/Anfang 2009 lässt sich das exemplarisch am WAZ-Konzern zeigen). An investigativem Journalismus ist er sowieso i.d.R. nicht interessiert, Auflagenhöhe und Verkaufs- bzw. Einschaltquote zählen. „Der Köder, der Wurm an der Angel muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“, ist das Motto.  Der Einkauf von fertigen Artikeln von Nachrichtenagenturen ist häufig die Regel. Der Journalist macht noch das lay-out. Die Verflachung und Trash-Produktionen des Boulevardjournalismus wird auch Realität in den Medien, die ursprünglich als seriös galten. Rudolf Augstein hat einmal gesagt: „Das kapitalistische Pressesystem beruht auf dem unveräußerlichen Grundrecht jedes Kaufmanns, dumme Käufer auszusuchen und noch dümmer zu machen.“(zit. nach: Der Gewerkschafter 10/1984). Maybritt Illner spricht vom Fernsehen als „kommerzieller Verdummungsmaschine“ – ihre Sendung ausgenommen (WAZ 25.2.2009)

Jeder Verleger verkauft seine Waren doppelt: 1. an die KonsumentInnen, und 2. an die Werbung treibenden Kapitale. Daraus resultiert ein Antagonismus von Gewerbe- und Pressefreiheit, der bei Strafe des Untergangs eines Medienkapitalisten zugunsten der Gewerbefreiheit entschieden werden muss. Die zu verkaufenden Waren müssen so beschaffen sein, dass ein möglichst hoher Absatz der verlags- oder anstaltsrelevanten Produkte gewährleistet ist an die beiden Käufergruppen. In einigen Zeitungen wurden sogar Todesanzeigen aus politischen, sicher um Anzeigenkunden nicht zu erschrecken, Gründen zensiert (Heinz Junge). Aber auch bezahlte Anzeigen werden z.T. nicht aufgenommen: Die FR weigerte sich, DKP-Wahlanzeigen zu veröffentlichen, viele Medien verweigerten z.B. die Aktion „Stoppt die Landminen“. ( Unter dem Info mit bekannten Schauspielern, die mit nur einem Bein oder Arm sich zeigten, www.landmine.de , fanden sich Infos über den Hersteller: Daimler)

Geistige Monokulturen herrschen selbst im Todesanzeigen und Anzeigenteil.

4.3 Die Ebene der symbiotischen Beziehungen der Medienkapitalisten mit Werbung treibenden Kapitalfraktionen

Jeder Verleger verkauft im 10 000er-Pack die KonsumentInnen seiner Produkte an die Werbung treibenden Einzelkapitale, die einen großen Teil seiner Produkte als Werbefläche kaufen (Zeitungsseiten, Sendezeiten….) Das Produkt des Verlegers ist also direkt dem Imperativ der Kapitalverwertung unterworfen und zwar nicht nur dem des einzelnen Medienkapitalisten, sondern auch dem anderer privatkapitalistischer Warenproduzenten, denen die Medien als Zirkulationshilfen für den Absatz ihrer Waren dienen. Der Verleger muss ein für die Werbung freundliches redaktionelles Umfeld anbieten, da er den größten Teil seiner Gewinne nicht durch den Verkaufspreis seiner Produkte an die KonsumentInnen, sondern durch den Verkauf an die InserentInnen erzielt (bei den privaten Fernsehsendern, Stadtzeitungen wie in Bochum dem Stadtspiegel u.ä. sogar 100%). Die inhaltliche Qualität der Medienprodukte ist also ökonomisch dem kapitalistischen Profitsystem unterworfen. Die kapitalistische, bürgerliche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung wird vom Verleger also grundsätzlich als die beste Ordnung überhaupt dargestellt, nicht nur, weil er ökonomisch vom Werbung treibenden Kapital abhängig ist, sondern weil seine Warenproduktion selbst über die kapitalistischen Expansions-, Akkumulation-, Rentabilitäts- und Profitprinzipien konstituiert ist. Hinzu kommt, dass der Verleger finanziell, ideologisch und/oder personell mit anderen Kapitalfraktionen verflochten ist. Zu diesen Kapitalfraktionen zählen auch werbende Konzerne, die zivile Güter ebenso wie Kriegsmaterialien produzieren. Die offiziellen Legitimationen für Krieg werden von allen Kapitalfraktionen vertreten.

4.4 Die Ebene des gesamtkapitalistischen Produktionsverhältnisses

Medien leisten im gesamtkapitalistischen, von der kapitalistischen Wirtschaftsordnung geprägten, Rahmen wesentliche Hilfe zur Legitimation kapitalistischer Herrschaft. Sie helfen, die objektiven nationalen und internationalen Ungerechtigkeiten, Unfreiheiten, Leiden und Kriege ein Stück weit zu kompensieren, sie dienen der Reproduktion und Regeneration von verausgabter Arbeitskraft, sie sorgen für die Vermeidung oder Reduzierung gesellschaftlicher Konflikte, sie haben eine wichtige, wenn nicht die zentrale Sozialisationsfunktion hinsichtlich geschlechtsspezifischer Rollenzuweisungen und Verhaltensweisen, sie tragen entscheidend zur Produktion von Feindbildern in nationaler wie internationaler Hinsicht bei.

Medien produzieren also ganz entscheidend (natürlich neben anderen Sozialisationsagenturen wie Familie, Schule, Hochschule, Kirchen, Gewerkschaften – Ordnungsfunktion statt Gegenmacht -,  kapitalistische Betriebe) Massenloyalität und Massenakzeptanz hinsichtlich kapitalistischer Herrschaft. Kapitalistische Herrschaft impliziert immer auch Krieg nach Innen und Außen. Medien sind also ein wesentlicher Bestandteil des Ideologie produzierenden, verbreitenden und stabilisierenden Gesamtkomplexes.

4.5 Die Auswirkungen auf den einzelnen Journalisten

JournalistInnen sind LohnarbeiterInnen müssen wie alle LohnarbeiterInnen ihre Arbeitskraft verkaufen, um sich reproduzieren zu können. Die Unterwerfung unter das Tauschprinzip bedeutet, dass individuelle Einsichten und Überzeugungen für die Arbeitskraftverwertung oft nur Ballast sind. Dieser Ballast muss abgeworfen werden. Journalisten haben die Ware „Nachricht“ zu produzieren, die im Profitinteresse des Medienkapitalisten verkaufbar ist. Der Verleger gibt auf Grund seiner Vernetzung in das kapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftssystem die geistig-ideelle Tendenz seines Produkts vor! Der Journalist hat Waren zu produzieren, die nicht von den Zielen des Verlegers abweichen dürfen. Rechtlich ist das abgesichert durch den § 118 des Betriebsverfassungsgesetzes, den „Tendenzschutzparagraphen“. Der Journalist muss bei der Produktion seiner Ware immer die „Schere im Kopf“ anwenden, will er nicht kognitive Dissonanzen beim Verleger auslösen und dadurch in Konflikte kommen, die seinen sowieso unsicheren Arbeitsplatz gefährden können – viele JournalistInnen sind zudem „nur“ „Freie MitarbeiterInnen“. Durch die Hierarchie in den privat-kapitalistischen Verlagen wie in den öffentlich-rechtlichen Anstalten ist die journalistische Arbeit einem permanenten Anpassungsdruck unterworfen. „Wer was werden will“ oder auch nur schlicht seine Reproduktionskosten erarbeiten will, ist zu „freiwilliger“ Vor- und Selbstzensur verpflichtet. Einschränkend ist aber auch anzumerken, dass JournalistInnen sich auf Grund der allgemein auf Loyalität und das Tauschprinzip ausgerichteten gesellschaftlichen Sozialisation sowieso in den Grenzen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft bewegen. Die psychische Disposition auch der JournalistInnen ist ja prinzipiell keine andere als die anderer Mitglieder der Klasse der Lohnabhängigen. Die emotionale und kognitive Depravation, Enteignung, Uniformierung und Kolonialisierung, der angstbesetzte autoritäre, von kleinst auf eingeübte Marketing-Charakter, die selektive Wahrnehmungsfunktion, das zum Denken in Alternativen unfähige Individuum, all diese Resultate bürgerlicher Sozialisation sind oft genug beschrieben worden.

Selbstverständlich sollte man dazu bedenken, dass mindestens 10 % der Top-JournalistInnen gleichzeitig auf den Gehaltlisten von Geheimdiensten stehen. Wie viele von der ISMW oder Bertelsmann zu irgendwelchen Luxuskreuzfahrten eingeladen werden, ist nicht bekannt.

Sprachregelungen wachsen einem jeden durch die ganz normale kapitalistische Sozialisation zu. Das Wort Kriegsdienstverweigerer, Berufsverbot oder Atomkraftwerke oder Atom-Bomben finden sich in den main-stream-Medien nicht, dafür wird immer noch von Asylanten, Tarifpartnern, Freisetzen von Arbeitskräften, Hartz-IV-Schmarotzern usw. gesprochen. Selbst der Jurist Frank-Walter Steinmeier redet in der WAZ vom 12.3.09 z.B. von Wehrdienstverweigerung – dieses Wort gibt es eigentlich nur im uninformierten „Volksmund“.

Schweige- und Tabuspiralen und das Weglassen als Methode müssen nicht erst antrainiert werden.

Aber es gilt unbedingt zu bedenken: Viele JournalistInnen sind vorgefertigten Nachrichten z.B. von INSM ausgeliefert. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) betreibt eine „Kampagnenführung mit integrierter Kommunikation“ (Biermann/Klönne, S. 25) Die INSM und ihr Institut IW nutzen alle kommunikativen Formen: „Wissenschaftliche Expertisen, Aufbereitung der Argumente für die Medien, Beiträge der Botschafter (über die Medien und Wissenschaftsinstitutionen verbreitete Mitarbeiter -W.D.), Anzeigen, Plakataktionen (z.B. „Du bist Deutschland“ – eine Kampagne die Nationalgefühl in Form eines neuen Patriotismus propagiert- W.D.), Beiträge in Zeitschriften, Internet; hinzu kommt eine zeitliche Orchestrierung.“ Eigentlich weiß man nicht, was nun PR oder Journalismus ist. Dazu werden Talkshows mit Diskutanten beliefert, in MTV werden jüngere Leute angesprochen. (aaO). Dazu kommen zweimal wöchentlich Themenvorschläge an ca. 100 private und öffentliche Fernsehredaktionen.

5 Über allem thront die Bertelsmann-Stiftung – wie die Spinne im Netz

Über das CHE (Centrum für Hochschulentwicklung) und das CAP (Centrum für Angewandte Politikforschung) werden von der Bildungsplanung bis zu Weltherrschaftsplänen Leitbilder, Vorschläge und marktradikale Programme einschließlich militärischer Interventionen entworfen, die über zahlreiche personelle und mediale Kanäle inzwischen global wirkt. Die staatlich finanzierte und regierungsnahe Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) hat als weitere Denkwerkstatt neben Bertelsmann wahrscheinlich eine viel geringere Wirkung, obwohl sie sich inhaltlich auch nicht so viel von CAP unterscheiden dürfte.

„Wie kommen wir dahin, daß (sic!) Staatsbürger eine Politik unterstützen, die ihnen selbst schadet?“ Die wirtschaftlichen und politischen Machteliten, an der Spitze Bertelsmann, können bisher sehr zufrieden sein mit den von ihnen entwickelten Manipulationswerkzeugen. (Biermann/Klönne, S. 116)

Für den militärischen Bereich gilt, dass von der Militärforschung bis zu dramatischen Aufrüstungsplänen der EU alles bei CAP einen seiner Ursprünge hat.

Ein Beispiel:

Der BTI, Bertelsmann Transformation Index,  wird an 119 Ländern global angewandt. „Das Projekt orientiert sich am Leitbild einer marktwirtschaftlichen Demokratie“, heißt es im Selbstverständnis des BTI.

Selbstverständlich wird zunächst, um den deutschen und europäischen Einfluss unter deutscher Direktive global zu verstärken, eine Soft-Variante (Biermann/Klönne, , S.93) angewandt, aber – ein Auftritt von Liz und Reinhard Mohn mit den Bundeswehrgenerälen Bergmann und Schreiner bezeugt, worum es auch geht. So rühmte die Pressestelle der Bertelsmann-Stiftung: „Von Koblenz bis zum Kosovo, von Hameln bis zum Hindukusch reicht mittlerweile das Einsatzgebiet der Bundeswehr“ (Biermann/Klönne, S. 97). Einmal abgesehen davon, dass der Einsatz der Bundeswehr im Inneren immer noch Verfassungsbruch wäre, kommt zum Ausdruck, worum es geht. Deutschlands Interessen sind weltweit zu verfolgen. Der BTI billigt dem Kongo einen höheren Demokratiewert zu als Venezuela. Immerhin ließ der Warlord Kabila seine vom „Westen“ gewünschte Wahl von Bundeswehreinheiten bewachen. Wer im Kongo auf die Kandidatenliste wollte, musste 50 000 Dollar zahlen. Was das mit Demokratie zu tun hat, wird uns nicht erklärt. Chavez lässt die Bundeswehr nicht ins Land, jedoch könnte der Zeitpunkt kommen, dass man auch dort die Transformation „zurück zur wirklichen freien Marktwirtschaft“ irgendwann befördern muss. Je radikaler Länder der kapitalistischen Ausbeutung offen stehen, desto besser kommen sie bei BTI weg.

Der Kosovo wird bald besonders gut dastehen, denn hier hat Bertelsmann über das CAP die ideologische Vorarbeit geleistet. Die Abtrennung des Kosovo durch den NATO-Überfall wurde von den Professoren des CAP, alle vom rechten Schrot und Korn, vorbereitet und wird „wissenschaftlich“ begleitet. (Junge Welt 30./31.1.2008). Chile bekommt vom BIT wegen der lobenswerten „Radikalkur“ durch Pinochet und seine Mörderbande besonders gute Noten. Cuba schneidet ganz schlecht ab.

In Deutschland beschäftigen sich auch andere Think Tanks mit dem Thema zukünftiger Teilhabe Deutschlands an der Verwertung der übrigen Welt im Sinne kapitalistischer Kapitalakkumulation, Kapitalexpansion, Kapitalrentabilität, Profitmaximierung und deren militärischer Durchsetzung.

Es gibt andere wissenschaftliche Einrichtungen, die Welt nach freiheitlichen Kriterien neu zu ordnen:

Jüngst wurde der Sonderforschungsbereich 700 der FU Berlin, der seit 2006 mit mindestens 40 Mitarbeitern arbeitet, einem größeren Publikum bekannt, der wissenschaftliche Interventionsforschung oder auch Kolonialforschung betreibt  (vgl. im Internet und Junge Welt vom 15.9.08). Besonderes Interesse gilt den ressourcenreichen Ländern des „Südens“. Diese Länder werden zu „Räumen begrenzter Staatlichkeit“ erklärt. Sie verlangen regelrecht nach der „responsibility to protect“: Genannt werden die schon erwähnte sog. Demokratische Republik Kongo, das von der NATO besetzte Afghanistan, Georgien, Südafrika. Wie lassen sich über NGOs verdeckt Eingriffe vornehmen? Welche unmittelbaren „externen Eingriffe“ sind notwendig? Konferenzen, zuletzt in Berlin Anfang September 2008 mit Beteiligung von hohen Regierungsvertretern aus Berlin, wichtigen Konzernmanagern und Militärs, werden durchgeführt, um „die Geschäftsfähigkeit“  oder die „Regierungsfähigkeit“ bestimmter Regierungen zu analysieren und im Bedarfsfall Auswege „anzubieten“. Private Universitäten wie die Hertie School of Governance sind beteiligt. Sinnigerweise hat das Institut „Sonderforschungsbereich 700) seinen Sitz  im Alfried-Krupp-Haus in Berlin, das von der Stiftung gleichen Namens zur Verfügung gestellt wird (zur Erinnerung: Alfried Krupp von Bohlen und Halbach (1907-1967) war seit 1931 förderndes Mitglied der SS, 1936 Vorstandsmitglied des Krupp-Konzerns, 1937 Wehrwirtschaftsführer, 1938 Leiter der Rüstungsabteilung des Krupp-Direktoriums, Eintritt in die NSDAP, 1943 Alleininhaber des Konzerns. 1948 vom US-Militärtribunal wegen der Ausbeutung von Zwangsarbeitern und der Plünderung von Wirtschaftsgütern in den von Deutschland besetzten Ländern als Kriegsverbrecher zu zwölf Jahren Haft verurteilt, 1951 amnestiert und 1953 wieder Konzernchef). Es geht in der Geschichtswissenschaft ja immer auch um Kontinuität und Diskontinuität in der deutschen Geschichte!

Für alle möglichen Länder wird geforscht, ob es

1. „zerfallen(d)e“  Staaten in Krisenregionen sind, bei denen nach Auffassung der Berliner Wissenschaftler weder ein durchsetzungsfähiges staatliches Gewaltmonopol zur Durchsetzung „politischer Entscheidungen“  sind (z.B. Afghanistan, Kolumbien, Kongo, Nigeria, Tadschikistan) oder sind es

2. „schwache Staaten“ in den genannten Bereichen (z.B. Argentinien, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Indien, Indonesien, Mexiko, Pakistan) oder sind es

3. Schwellenländer, die Defizite im staatlichen Gewaltmonopol und keine durchgehende Fähigkeit zur Durchsetzung effizienter Entscheidungen haben (z.B. Brasilien, China, Südafrika, Südkorea).

Falls diese Länder „humanitäre Grundregeln“ (die wohl in der NATO definiert werden) missachten, müssten sie mit „gewaltsamen Interventionen der Staatengemeinschaft“ (also der Koalition jeweils Willigen) rechnen.

Bei der Tendenz zur Militarisierung der Außenbeziehungen Deutschlands arbeiten aber auch unabhängige (??) Wissenschaftler mit: „In Deutschland argumentieren wissenschaftliche Politikberater wie Herfried Münkler gegenwärtig unverblümt für die Notwendigkeit der Anwendung „ìmperialer“ Politk in „rückständigen“ Regionen, um für „Sicherheit und Entwicklung“ zu „sorgen“. (ten Brink, in: 40 Jahre 1968, S. 68)

Als European Defence Strategy wird von Bertelsmann denn auch alles gefordert, was irgendwie dazu dient, Deutschland und Europa militärisch zu einer globalen Interventionsmacht zu machen.

Die Verfügungsmacht Deutschlands auch über Atom-Waffen muss auch formal hergestellt werden. Dazu muss endlich auch auf allen anderen Gebieten aufgerüstet werden. Dass in Zukunft von allen Lissabon-Vertrags-Partnern 2 % des BSP in Rüstung gesteckt werden soll, ist nur folgerichtig. Frau Merkel bedauert, dass es gegenwärtig  in Deutschland nur 1,4 % sind (vgl. Biermann/Klönne, S. 103f). CAP von Bertelsmann hat das alles vorformuliert und geopolitisch, geoökonomisch und geostrategisch begründet. Wie soll für Massenakzeptanz in Deutschland und Europa für Aufrüstungspläne geworben werden? CAP empfiehlt: Weckung von Bedrohungsgefühlen durch grenzüberschreitende Kriminalität, illegale Migration, Terrorismus.(aaO, 109). 2003 empfiehlt CAP, um auch militärisch auf Augenhöhe mit den USA zu kommen, die „Vereinigten Streitkräfte von Europa“ (aaO, S. 111). Auch das ist z.T. mit der Schaffung von EU-Battle-Groups für den Anfang schon ganz gut gelungen. Dass nun große Teile des Lissabon-Vertrages die nationalen Parlamente aushebeln (noch haben wir in Deutschland offiziell jedenfalls eine Parlamentsarmee) und die neoliberale kapitalistische Wirtschaft als rechtsverbindlich vorschreiben, da mit auch für Deutschland Teile des GG und der Länderverfassungen zu Makulatur erklären, ist nur folgerichtig. JournalistInnen schreiben nur gelegentlich darüber wie z.B. Heribert Prantl in der SZ. Sonst ist der Vertrag von Lissabon dem Volk und seinen Vertretern weitgehend unbekannt. Aber selbst wenn man den Vertrag liest, gilt, was die Bundesverfassungsrichter zu Beginn der Verhandlungen über die Eingaben von Gauweiler und Co. und Die Linke feststellen mussten: Der Vertrag ist in einer kaum lesbaren Sprache geschrieben.

Das soll nun keineswegs heißen, dass JournalistInnen in bestimmten Medien für bestimmte Zielgruppen nicht zur systemstabilisierenden Detailkritik an bestimmten Auswüchsen, „Skandalen“ befähigt sein müssen. Auch wenn wie jüngst „Missstände“ im real existierenden kapitalistischen nationalen und internationalen System mit Erlaubnis oder auch im Auftrag bestimmter Verleger angeprangert werden, geht es nicht um Kritik am gesamtgesellschaftlichen System, sondern um Kritik an Varianten der Herrschaftssicherung. Zumeist betrifft diese Kritik dann Verhaltensweisen bestimmter Personen und deren individuell-moralischer oder -psychischer Unzulänglichkeiten (jüngst war viel von Gier und Skrupellosigkeit einiger Bankiers die Rede). Aber selbst wenn sich die eine oder andere systemkritische „Nachricht“ in die Medien verirrt, fällt sie der informationellen Paralyse, der pathologischen Unaufhörlichkeit der systemkonformen „Nachrichten“ zum Opfer fallen.

6. Fazit

Noch einmal zwei Zitate aus Medien und Kommunikation, Studienbrief 12): „Mit Kommerzialisierung bezeichnen wir einen Prozess, in dem soziale Systeme zunehmend von ökonomischen Regeln kapitalistischer Gesellschaften durchdrungen werden.“

Kapitalverwertungsmechnismen, Rationalisierung und Wachstum, Kosteneinsparungen und Gewinnmaximierung, Sicherung von Absatzmärkten und Erhaltung von Herrschaftsstrukturen“ determinieren den Medienmarkt und führen zur.

Militarisierung der Gesellschaft

Militarisierung der Gesellschaft setzt sich durch einen permanenten hegemonialen Diskurs durch, der Einwände gegen Rüstung und Krieg allmählich verstummen lässt. Die grundsätzliche Akzeptanz gegenüber Militär und Krieg wird step by step eingeübt, sodass Wolfram Wetter in seinem neuen Buch Militarismus in Deutschland das nicht begreifend sogar behauptet, dass eine große Distanz zwischen Militär und Gesellschaft gäbe. Abgesehen von der Frage, wie er Militär und Gesellschaft voneinander trennen kann, ist garantiert richtig, dass die soft Version von Militarismus nicht mit Tschinderassa-bum-bum-bum daher kommt. Auch dass 2x große Anti-Kriegs-Demos stattfanden (gemeint ist 1991 und dann 2003), ist keineswegs ein Zeichen für einen pazifistischen, sondern eher für den militaristischen Grundkonsens in der Gesellschaft.

Militarisierung geschieht auf scheinbar harmlosen Wegen: Ob dass die Preisausschreiben der Bundeswehr sind, die alle Schulen in horrenden Auflagen zugeschickt bekommen und bei denen man als Schüler Panzer- und andere Fahrten eine Woche in irgendeiner Kaserne erleben kann,

NATO-Big-Band-Konzerte in den Fernsehprogrammen,

VHS-Bochum Kursprogramm 1. Hj. 2009: Unter dem Thema „Öffentliche Sicherheit“ werden drei Veranstaltungen angeboten. Besuche beim Jagdbomber-Geschwader 31 „Boelcke“ in Nörvenich (Einsatzverband: Kann kurzfristig im Krieg sein – steht dabei, übrigens: Nach Boelcke nannten schon die deutschen Faschisten ihre Mordsgeschwader und Kasernen, nicht erst die Bundeswehr)), beim NATO-AWACS-Kommando (mit Besichtigung eines der schönen Flugzeuge) und beim Hauptquartier der britischen Armee in Rheindalen,

Spiegel-TV (Bertelsmann ist am Spiegel-Verlag beteiligt) brachte gerade einen ca. 2 Stunden-Propaganda-Film über die spannende und abenteuerliche, aber auch sehr lehrreiche und schöne Ausbildung als Panzerfahrer, Fallschirmspringer („ist bei feindlichem Beschuss nicht ganz ungefährlich)“ und Eurofighter-Pilot (Vox – gehört Bertelsmann – am 14.2.09, wiederholt am 15.2.09 und wahrscheinlich noch öfter, wobei mehrmals betont wurde, dass das nun mal nötig sei, um Deutschlands Sicherheit auch am Hindukusch erfolgreich zu verteidigen),

kriegsverherrlichende Filme oder Filme, die die Schönheit des SoldatInnenlebens zeigen als Serie (Sonja geht zum Militär),

sog. Dokumentationen aus Kriegsgebieten, in denen ausschließlich Befürworter der Kriege zu Worte kommen,

US-Filme, die wie die deutschen Filme mit Hilfe der Bundeswehr hier mit Hilfe der verschiedenen Waffengattungen des Pentagon in Hollywood gedreht werden,

SoldatInnen, die in den ARGEs für eine sog. Berufsausbildung bei der Bundeswehr werben,

wie selbstverständlich lobende Medienberichte seit dem Einsatz von Militär in italienischen Großstädten (jetzt viel weniger Kriminalität, illegale Ausländer werden rechtzeitig eingefangen),

Schulbücher, in denen Kritik am Militär nur noch an historischen Auswüchsen erlaubt ist,

völlige Vernachlässigung von Antikriegspositionen in allen Medien, Ausstellungen z.B. auf dem Kirmesplatz in Bochum: Unser Heer – Medien zeigen Kinder, die in Kampfhubschraubern oder auf Panzern rumklettern und begeistert sind,

die WAZ berichtet z.B. wohlwollend über Bundeswehr im Bochumer Rathaus (insgesamt 13 Reserveoffiziere zum „Katastrophenschutz“ bzw. zum Einsatz bei „Großschadensereignissen“).  Diese Offiziere, jedenfalls der „Standortkommandant“ hat die Abwehr von CBRN-Gefahren zu leiten (chemical, biological, radioactiv, nuclear). Ich weiß nur, dass diese Einführung auch in DO mehr oder weniger tot geschwiegen wurde, auch was das kostet, wer wen befehligt, welche Räume und Materialien angeschafft werden müssen usw. ZMZ (Zivilmilitärische Zusammenarbeit ist das Stichwort, das kaum ein Bürger kennt, obwohl diese 13 Offiziere pro Stadt , 5500 im Bund rund 1.000.000 Reservisten aktivieren könnten, so die Recherchen von Ulli Sander. Die Reserveverbände und ihre Mitglieder zeichnen sich durch eine erhebliche Rechtslastigkeit, mehr noch als die Berufs- und Freiwilligensöldner. In Erfurt war einer der Stadtkommandanten in der von Jürgen Rieger, zukünftiger NPD-Vorsitzender(?) geleiteten „Artgemeinschaft“ Kassierer. Dem thüringischen Reservistenverband diente er ebenfalls als Schatzmeister. Gleichzeitig war er im Elitären Rotary Club Erfurts und als solcher Vereinskollege des thüringischen Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Sippel. Weder dem Verfassungsschutz noch dem MAD ist irgendwas an Oberstleutnant Wolfgang Lütkemeyer was aufgefallen., obwohl der Reservistenverband den Einsatz der Bundeswehr nach Innen fordert, zu faschistoiden soldatischen Kameradenkreisen herzliche Kontakte hat und seine Angehörigen aufruft, sich als „Kämpfer“ zu verstehen [jW 22./23.2.09]).

Medien berichten über die Retter in Uniform bei Überschwemmungen, Waldbränden, aus See- oder Bergnot,.

Hunderte von Feldjägern und anderen Soldaten samt Tornados der Bundeswehr in Heiligendamm, bei der NATO-Sicherheits-Konferenz in München, sicher beim NATO-Jubiläum rund um Straßburg,

wie selbstverständlich wird 60 Jahre NATO gefeiert, kritische Stimmen werden totgeschwiegen oder unter der Rubrik „chaotische Störer“ verhandelt.

Gerade Mediengroßereignisse wie „Stauffenberg“ mit Tom Cruise zeigen den Helden mit Gewissen, aber erst, als es darum geht, die ganz offensichtliche militärische Niederlage durch Beseitigung eines unfähigen „Führers“ doch noch vielleicht in einen militärischen Sieg umzumünzen. Kriege sind notwendig, nur müssen sie auch gewonnen werden.

Bei Militarismus-Kritikern taucht oft der Satz auf: „Wenn das noch der Führer hätte erleben dürfen!“

Einige Hinweise auf benutzte oder empfehlenswerte Literatur, soweit sie nicht schon im Text genannt ist

Für jede(n) dringendst zu empfehlen: Ein mail- und/oder Printabo der IMI-Informationen! (www.imi.de)

Eine Pflichtlektüre ist auch

Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr, hg.v. Bundesministerium der Verteidigung, Berlin 2006 www.weissbuch.de  oder www.weissbuch2006.de

Hermann Korte/Bernhard Schäfers (Hg.), Einführung in die Praxisfelder der Soziologie, Opladen 2., erw. und verb. Aufl. 1997

Antony Giddens, Soziologie, Graz – Wien 1995

Margarete und Siegfried Jäger (Hg.), Medien im Krieg, Duisburg 2002

Frank Schubert (Hg.), Medien als Wegbereiter von Kriegen, Die unheilige Allianz von Medienleuten und Kriegsleuten, Schkeuditz 2008

Schwarzbuch zur Sicherheits- und Militärpolitik Deutschlands (hg. von Die Linke, o.J. (2007)

Rüstungsatlas Nordrhein-Westfalen (hg. von Die Linke, 2008)

Abrüstung statt Aufrüstung (hg. von Die Linke, 2008)

Die deutsche Rüstungslobby (hg. von Die Linke , 2008)

Jürgen Wagner, Mit Sicherheit keine Entwicklung! Die Militarisierung der Entwicklungszusammenarbeit, Die Linke 2008

Klaus Ottomeyer, Ökonomische Zwänge und menschliche Beziehungen, Soziales Verhalten im Kapitalismus, Reinbek 1977

H.J. Krysmanski u.a. (Hg.), Die Krise in der Soziologie, Köln 1975

Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft?,  Stuttgart 1969

Werner Hofmann, Stalinismus und Antikommunismus, Zur Soziologie des Ost-West-Konflikts, 3. überarb. Aufl Frankfurt/M. 1969

Richard Sorg, Ideologietheorien, Zum Verhältnis von gesellschaftlichem Bewusstsein und sozialer Realität, Köln 1976

Friedrich Tomberg, Bürgerliche  Wissenschaft, Begriff, Geschichte, Kritik, Frankfurt/M. 1975

Karl Theodor Schuon, Bürgerliche Gesellschaftstheorie der Gegenwart, Köln 1975

Wolfgang Dominik, Politisch-ökonomische Rahmenbedingungen des Mediensystems im kapitalistischen Gesellschaftssystem, In: Medien und Kommunikation in der Weiterbildung, hg.v. Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, Soest 1992, S. 166-168

Wolfgang Dominik, Information warfare – oder: Wie kommt Saddams Krummdolch auch an deine Kehle? In:. Junge Stimme 22/2002

Wolfgang Dominik, Die „erweiterte“ NATO – Expansion nach Osten, in: Antifaschistische Bochumer Blätter 3/1997

Wolfgang Dominik, Aspekte der Remilitarisierung 1944 bis heute, in: Nie wieder Krieg! ohne uns?, Eine Materialsammlung des Bochumer Friedensplenums und der DFG/VK Bochum zum 60. Jahrestag der Befreiung, Bochum 2005

Wolfgang Dominik, Verschiedene Referate zum Thema im Laufe der Jahre im Internet

40 Jahre 1968, „Die letzte Schlacht gewinnen wir!“, h.v. DIE LINKE.SDS, Hamburg 2008

Gollwitzer, Helmut, Die kapitalistische Revolution, München 1974

Mies, Maria, Krieg ohne Grenzen, Die neue Kolonisierung der Welt,  Köln 2005

Arbeitskreis Frieden und Abrüstung (Hg.), Am Hindukusch und anderswo, Die Bundeswehr – Von der Wiederbewaffnung in den Krieg, Köln 2005

Haydt, Claudia/ Pflüger, Tobias/ Wagner, Jürgen, Globalisierung und Krieg, Hamburg 2003

Azzellini, Dario/Kanzleiter, Boris (Hg.), Das Unternehmen Krieg, Paramilitärs, Warlords und Privatarmeen als Akteure der Neuen Kriegsordnung,  Göttingen 2003

IFDT, Gekaufte Sicherheit, Die Privatisierung des Krieges, IFDT Heft 4/2004 (ja, tatsächlich, nicht verlesen: Auch die Kriegsministeriumszeitschrift Informationen für die Truppe beschreibt das im Wesentlichen richtig!)

Biermann, Werner/Klönne, Arno, Kapital-Verbrechen, Zur Kriminalgeschichte des Kapitalismus, Köln 2005

Biermann, Werner/Klönne, Arno, Agenda Bertelsmann, Ein Konzern stiftet Politik, 2. akt. Aufl. Köln 2008

Horst Holzer hat so viel zum Thema Mediensoziologie und Gesellschaftsanalyse veröffentlicht, dass hier der allgemeine Hinweis auf Holzer reichen möge

Sander, Ulrich, Die Macht im Hintergrund, Militär und Politik in Deutschland von Seeckt bis Struck, Köln 2004

Sander, Ulrich, Szenen einer Nähe, Vom großen RechtsUm bei der Bundeswehr, Bonn 1998

Sander, Ulrich, Nein zum Bundeswehreinsatz im Inneren, Veranstaltung von ver.di München, Dokumentation, München 2007

Sander, Ulrich, zahlreiche zum Thema wichtige Reden, Beiträge usw. bei www.VVN-BdA.NRW.de

Werner, Klaus/Weiss, Hans, Schwarzbuch Markenfirmen, Die Machenschaften der Weltkonzerne, Wien – Frankfurt/M., 2001

Kingsnorth, Paul, Global ATTACK!, Der neue Widerstand gegen die Diktatur der Konzerne, Bergisch Gladbach 2003

Cassen, Bernhard u.a., Eine andere Welt ist möglich!, hg.v. Attac Deutschland, Hamburg 2002

Jung, Ruth, Attac: Sand im Getriebe, Hamburg 2002

FIAN (Hg.), Wirtschaft global – Hunger egal?, Für das Menschrecht auf Nahrung, Hamburg 2005

Wernicke, Jens/ Bultmann, Torsten (Hg.), Netzwerk der Macht – Bertelsmann, Der medial-politische Komplex aus Gütersloh, Marburg 2007

Mander, Jerry/Goldsmith, Edward (Hg.), Schwarzbuch Globalisierung, Eine fatale Entwicklung mit vielen Verlierern und wenigen Gewinnern, München 2002

Chossudovsky, Michel, Global brutal, Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg, Frankfurt/M., 2002

Kühnl, Reinhard, Krieg und Frieden, Heilbronn 2003

Verschiedene Ausgaben der „Blätter für deutsche und internationale Politik“,

der „IZ3W“, der „Sozialismus“, der „ZivilCourage“, des „FriedensForum“, der „IMI-Mitteilungen“, der „Informationen für die Truppe“, des Periodikums „Der Mittler-Brief“, Informationsdienst zur Sicherheitspolitik“, des „Ossietzky“, der Zeitschrift „iz3w“

Elmar Altvater u.a., „Die letzte Schlacht gewinnen wir“ – 40 Jahre 1968, Bilanz und Perspektiven, Hamburg 2008

Dietrich Schulze, Militarisierung von Forschung und Lehre, in: UZ 30.1.2009, S. 8f. (http://www.stattweb.de/files/DokuKITcivil.pdf  – da sind zahlreiche exemplarische links zu finden, wie die Militarisierung einer Hochschule läuft)

Daniel Ganser, NATO-Geheimarmeen in Europa – inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung, Zürich 2008

Keine Demokratie ohne Demokratisierung der Medien, Sonderdruck des „Ossietzky“, März 2008

IMI/DFG/VK (Hg.), Kein Frieden mit der NATO, Die NATO als Waffe des Westens,  Tübingen 2009

isw , Grafik-Report Nr. 12, NATO. Rüstung. Krieg, Grafiken, Fakten und Karten zur Militarisierung, München 2009

FriedensForum, NO to NATO – NO to WAR!,  Heft 1/2009

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