Bundeswehr schießt Steuergelder ins All

Am 21. Mai 2010 um 19:01 (local-time) ließ die Bundeswehr mit dem Ariane 5 Flight 194 ihren 2. Kommunikationssatelliten COMSATBw-2 vom europäischen Raumfahrtzentrum in Kourou in Französisch-Guayana aus ins Weltall schießen, alleinige Kosten des Geräts etwa 360 Millionen Euro.

Start einer Ariane 5 Rakete (Quelle: DLR)

Start einer Ariane 5 Rakete (Quelle: DLR)

Mit dem aus zwei Satelliten bestehenden System, dem COMSATBw-1, der im Oktober 2009 ins All ging und dem COMSATBw-2, verfügt die Bundeswehr nun über ein Satellitenkommunikationssystem, das einerseits die Kommunikation sicherer machen soll. Andererseits werde damit die Armee zukünftig unabhängiger von kommerziell betriebenen Satellitenkommunikationsanbietern, so die offizielle Version. Das Gesamtsystem wird den Erdball von Amerika bis Ostasien abdecken und soll nach Aussagen der Bundeswehr seine Kommandozentralen in die Lage versetzen, in ständiger Verbindung mit den weltweit im Einsatz befindlichen Einheiten zu sein. „Die Bundeswehr ist konsequent auf Einsätze im Erweiterten Aufgabenspektrum ausgerichtet. Eine effektive Führungsunterstützung ist dazu unverzichtbar.“ heißt es hierzu aus Rheinbach, wo Generalleutnant Manfred Engelhardt schon am 12. April dieses Jahre mit dem ersten Satelliten spielen durfte.

Satellit

Satellit


Auftragnehmerin für die Herstellung der Flugobjekte, die künftig ihren festen Platz am Himmel bei 13,2° Ost und 63° Ost haben werden, war die MilSat Services GmbH mit Sitz in Bremen, ein Unternehmen, das eigens für den Bau der beiden Satelliten als Gemeinschaftsunternehmen der Astrium Services GmbH (74,9 %) und der ND SatCom Defence GmbH (25,1 %) gegründet wurde. Astrium Service ist ein Tochterunternehmen der EADS, das Unternehmen, welches wir schon von dem Pleitenflugzeug Airbus A400M her kennen und welches seine Fehlplanungen mit finanziellen Nachforderungen von 5,2 Milliarden Euro kompensieren wollte, womit Steuerzahler und Öffentlichkeit nicht schlecht ins Staunen kamen (Süddeutsche vom 04.02.2010).

Das Satellitensystem ist angeblich auf 15 Jahre Nutzungsdauer ausgelegt. Die Gesamtkosten für den Bau, Start und Betrieb der beiden Satelliten sollen laut Heise Online vom 22.05.2010 bei einer Milliarde Euro liegen.

Die Kosten für Kommunikation über kommerzielle Anbieter lagen bis jetzt bei 12 bis 15 Millionen Euro pro Jahr. Für die Kommunikationskosten der kommenden 15 Jahre werden nun rund 67 Millionen Euro pro Jahr vom Steuerzahler aufgebracht werden müssen. Hierbei sind wahrscheinlich etliche Posten wie der Kapitaldienst und Umrüstungen für die neue Technologie noch nicht mit gerechnet.

Dass bei derartigen Kostensteigerungen für normal verschlüsselte Satellitenkommunikation mehr dahinter stecken muss liegt nahe. Das 2006 beschlossene SATCOM-Projekt lässt vermuten, dass fern wohlfeiner Formulierungen und Behauptungen, die Satellitenkommunikation würde lediglich für Telefon, Fax, Internetzugang, E-Mail, Video- und Multimediaanwendungen und für den Zugang zu Datenbanken genutzt, die Satelliten auch zur direkten Steuerung der Kriegsführung über Satelliten-gesteuerte Waffensysteme, wie Raketen, Marschflugkörpern, Drohnen (s. Artikel zum Thema Drohnen), oder auch zur Zielführung von Kampfeinsätzen mittels Flugzeugen, Kriegsschiffen, Panzern und der gleichen eingesetzt werden können und wohl auch werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Aussage der MilSat Services GmbH in ihrer Broschüre, in der sie den Einsatz der Satelliten auch „in der Einbindung und Unterstützung von Netzen in den Einsatzräumen sehen“. Genau dies schließt das vorgenannte Einsatzszenario mit ein.

Seit April dieses Jahres ist COMSATBw-1 in Betrieb, COMSATBw-2 wird in wenigen Monaten nach seiner Feinjustierung folgen. Es bleibt also nicht viel Zeit genau hinzuschauen und genau zu hinterfragen, wofür die Bundeswehr 1 Milliarde Euro ins Weltall geschossen hat. Die Zustimmung in der Bevölkerung zu den Einsätzen der Bundeswehr und zu den enorm hohen Ausgaben des Bundesministerium der Verteidigung, das in Wahrheit schon lange keine Verteidigungsministerium mehr ist, nimmt rapide ab. So hatte das ZDF-Politbarometer in der Sendung am 21.05.2010 berichtet, dass 82% der Bevölkerung Sparmaßnahmen bei den Rüstungs- und Verteidigungsausgaben befürworten, wogegen Sparmaßnahmen in alle anderen Ressorts je nach Ressort von lediglich 4% bis 34% der Befragten befürwortet wurden. Selbst Schäuble greift den Rüstungshaushalt an. So soll Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bei den aktuellen Sparmaßnahmen anfangs 600 Millionen Euro und später mit mehr als einer Milliarde Euro im Jahr die größten Einsparungen erbringen, wie die TAZ am 21.05.2010 schrieb. (la)

Kommentare sind geschlossen.