Bellizisten-Talk im Schauspielhaus?
Keine Bühne für Joseph Fischers atomare Machtpolitik!

Joseph Fischer, von 1998 bis 2005 Außenminister in der Regierung Schröder, ist am 21. Januar in den Kammerspielen des Schauspielhauses Bochum Gesprächspartner in Norbert Lammerts Talk- Reihe „Ein Gast. Eine Stunde“. Dagegen ruft das Bochumer Friedensplenum zum Protest auf: »Fischer hat soeben mit großer Medienresonanz eine neue Eskalation der atomaren Hochrüstung vorgeschlagen: Ihm reicht Deutschlands „nukleare Teilhabe“ nicht mehr, die 20 US-Atomwaffen mit bis zu 13facher Sprengkraft der Hiroshima-Bombe, 120 Kilometer Luftlinie von Bochum entfernt im Depot in der Eifel. Er will die Europäische Union als selbständige Atommacht neben der NATO, nicht mehr nur nukleare Teilhabe in Abhängigkeit von den USA, sondern den deutschen Griff zur Bombe in einer EU-Atommacht mit deutschem Schwergewicht.

„Schauspielhaus Bochum kriegstüchtig?“ fragt deshalb das Bochumer Friedensplenum in einem offenen Brief den Intendanten Johan Simons. „Kriegstüchtigkeit“ ist die herausragende Parole der neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien, nicht nur als Handlungsmaxime für Soldaten, sondern „mit Strahlkraft in die deutsche Gesellschaft“ hinein, die, so das Friedensplenum, „ mit aller Vernunft Kriegsangst hat, nicht zuletzt vor einem Atomkrieg“. Atombomben,, die Waffen für das Weltende, und die nukleare Erstschlagstrategie sind aber nach dem Verständnis der Ampelregierung für Kriegstüchtigkeit unverzichtbar.

„Für uns war es bisher unvorstellbar“, schreibt das Friedensplenum an Simons, „dass sich das Schauspielhaus daran beteiligen würde, Strahlkraft von Kriegstüchtigkeit in unsere Gesellschaft hinein zu entfachen“. Aber mit Norbert Lammert, unter Kanzler Kohl als Koordinator für die Luft- und Raumfahrtindustrie unter anderem mit der Durchsetzung des Eurofighters betraut, träfen sich „am Beginn des Kriegsjahres 2024 im gemütlichen Sonntagsmittagstalk“ keine Friedensboten, sondern „zwei Brüder für Kriegstüchtigkeit“.

Das Friedensplenum erinnert den Intendanten an die furchtbare Zerstörungskraft der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, das endzeitlich weltvernichtende Potential der Atomwaffen unserer Zeit und die eindringliche Warnung von UN-Generalsekretär Guterres: „Wir müssen die Atomwaffen vernichten, bevor sie uns vernichten“. „ Herr Fischer will mehr davon. Haben Sie all das bedacht“, fragt das Friedensplenum den Intendanten, „als das Schauspielhaus ihn einlud?“

Atomwaffen, schon die Drohung mit ihrem Einsatz verstoßen, so der Internationalen Gerichtshof der UNO, gegen das Kriegsvölkerrecht und nach Auffassung des UN-Menschenrechtsausschusses gegen das im UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte garantierte „angeborene Recht auf Leben“. In diesem Geist gibt es seit 2017 den Atomwaffenverbotsvertrag, dem Deutschland nicht beitreten will. Aber über 100 Städte, dazu die Bundesländer Bremen, Berlin, Rheinland-Pfalz und Hessen appellierten an die Bundesregierung, das zu tun. „Auch der Rat der Stadt Bochum – gemeinsam mit unseren Nachbarn Dortmund, Essen und Herne. Das Schauspielhaus konterkariert mit der Einladung Fischers diese Positionierung unserer Stadt“, schreibt das Friedensplenum an Johan Simons.“Wollen Sie daran festhalten? Warum nur?“

Das Schauspielhaus Bochum ist weit über unsere Stadtgrenzen hinaus ein Leuchtturm der Schauspielkunst. Es darf mit Joschka Fischer nicht zu einer politischen Bühne für Machtpolitik und Kriegstüchtigkeit absteigen. Das Bochumer Friedensplenum appelliert an das Schauspielhaus, das Projekt Lammert/Fischer selbstkritisch zu hinterfragen, und ruft die Stadtgesellschaft auf, es gemeinsam mit kreativem öffentlichem Protest kritisch zu begleiten. Der offene Brief an Johan Simons ist der Beginn dazu.«

Brief an Johan Simons:

Siehe auch: Wenn die Oberen von Frieden reden…

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