Grundgesetz und Militär

Anlässlich  des 75. Jahrestags des Grundgesetzes fordert die IPPNW eine Rückbesinnung auf das Friedensgebot des deutschen Grundgesetzes, das mit der Präambel und dem Artikel 1, Abs. 2 und weiteren Regelungen fest verankert sei. Die Politik der „Zeitenwende“  und  der Ruf nach „Kriegstüchtigkeit“ stünden  dazu im eklatanten Widerspruch.

In Berlin fand am Mittwoch vor dem Reichstagsgebäude ein Gelöbnis der Bundeswehr statt. Das blieb nicht unwidersprochen. Hier einige Berichte:

„Munition und Menschenleben: Bisschen Schwund ist immer.“ So dürfte sich die Bundeswehr die Bewerbung des heutigen Gelöbnisses des Wachregiment am Abgeordnetenhaus nicht vorgestellt haben. Rund um den Veranstaltungsort kaperte die antimilitaristische Kommunikationsguerilla-Gruppe „GelöbNix 2.0“ unerlaubt Werbevitrinen. Über 30 gefälschte Poster im Design der Bundeswehr hängen nun in den Vitrinen. Eines der Poster trägt die Aufschrift: „Nicht jeder Soldat ist ein Nazi- Aber verdammt viele Nazis sind Soldat*innen“. Auf anderen Motiven heißt es: „Jeder Tote ist ein kleiner Schritt zum Weltfrieden“ und „Wir suchen Klimakiller. m/w/d“. „Mit der Aktion wollen wir zeigen, wofür die Bundeswehr wirklich steht“ sagt Boris Pistolenschuss, Sprecher*in der Kommunikationsguerilla-Gruppe „GelöbNix 2.0“. Die Bundeswehr sei keine demokratische Armee, sondern ein zum Töten ausgebildeter Nazi-Prepper-Haufen, der alles unterhalb der Größe eines
Schützenpanzers aus Kasernen klaue. „Statt diesen Laden weiter aufzurüsten sollte der Wehretat lieber in den Schutz des Klimas investiert werden.“
Bilder von der Aktion gibts hier:

https://de.indymedia.org/node/361906

und hier:

https://we.tl/t-eA7zFbPdJk

Warnwesten machen unsichtbar
Die 30 gefälschten Poster hängen in den Straßen und Bahnstationen rund um das Abgeordnetenhaus. „Genauer sagen wir das nicht, wir wollen der Werbefirma ja nicht beim Einsammeln helfen…“ sagt Boris. Die weitreichenden Absperrungen, die die normale Bürger*in aus der Mitte der Gesellschaft vom Gelöbnis fernhalten sollten, wirkten gegen die Guerilla-Gruppe nicht: „Warnwesten wirken wie postmoderne Unsichtbarkeitsmäntel…“ sagt Boris.

Wolfsrudel im Wachregiment
Wie wenig exzellent das Wachregiment im Verteidigen der
freiheitlich-demokratischen Grundrechte ist, zeigt ein handfester
Naziskandal. Im Oktober 2021 meldete der Spiegel, dass es im
Wachregiment eine Nazigruppe namens »Wolfsrudel« gebe. Auch gegen
Unteroffiziere werde ermittelt. Im Alltag des Regiments hätten Ausbilder
Soldat*innen rassistisch beschimpft, Rektrut*innen hätten T-Shirts mit
einer schwarzen Sonne und der Aufschrift »Sonnenstudio 88« getragen. Auf
der Rückseite sei der Schriftzug »Wir sind braun« zu lesen gewesen. Kein
Einzelfall: Ein bereits 2017 an den MAD gemeldeter Sympathisant der
»Identitären Bewegung« durfte dort bis Sommer 2021 weiter Dienst
leisten.
Youtube-Serie voller Nazi-Symbole
Das Verfahren gegen das „Wolfsrudel“ wurde ein Jahr später ohne Ergebnis
eingestellt. Angeblich gäbe es keinen Anfangsverdacht. Dafür hätte die
Justiz jedoch bloss die Bundeswehr-eigene Youtube-Serie „Semper talis“
über das Wachregiment gucken müssen. Bedenklich ist bereits, was die
Soldat*innen in der Serie über ihre Motivation für den Dienst an der
Waffe in die Kamera sagen. Es ist zum einen offene Begeisterung für
Waffen (»endlich den Karabiner 98k in der Hand halten, das will ich,
seit ich in der Bundeswehr bin«), zum anderen, dass der Vater oder
Großvater auch schon gedient habe. Man sieht einen Ausbilder, der die
Rekruten mit der Drohung »Disziplin ist das A und O. Macht mich
unglücklich, und ich mach euch unglücklich« begrüßt und nach einem
Stramm-steh-Wettbewerb einen anderen Ausbilder schikaniert. Beim Sport
trägt der Unteroffizier ein selbstgemachtes Fanshirt seiner Kompanie,
das altdeutsche Schrift und eine drohend geschlossene Faust zeigt.
Altdeutsche Schrift in der Kaserne
Die wenigen Stellen, die das Traditionsverständnis der Einheit
behandeln, zeigen unkritische Positivbezüge auf preußische und
kaiserliche Armeen. Dass diese Militärs autoritäre Staaten schützten,
die selbstverständlich Angriffskriege für eine imperiale Politik
führten, wird ausgeblendet. Passend dazu sind die in der Serie gezeigten
Innenräume der Kaserne flächendeckend mit altdeutscher Schrift verziert.

Sexuelle Belästigung
Auch das Statement des das Regiment kommandierenden Oberstleutnant Hans
Domrich schafft wenig Vertrauen: »Wir sind exzellente Kämpfer, (…) die
die freiheitlich demokratische Grundordnung verteidigen. Weil wir darin
so gut sind, (…) haben wir den ehrenvollen Auftrag, diesen Staat zu
repräsentieren durch unseren protokollarischen Dienst«. Domrich war
nicht besonder gut im Grundrechte verteidigen. Er wurde mittlerweile
gefeuert, weil er das sexuelle Belästigen von Soldat*innen durch seinen
Stellvertreter ignorierte.

Was ist Adbusting?
Die hier praktizierte Kunstform nennt sich Adbusting; ein Kofferwort aus
dem englischen „Advertising“ (Werbung) und „to bust“ (kaputtmachen,
stören). Dabei wird Werbung mit Farbe, Papier und Schere so verändert,
dass sich der Sinn der ursprünglichen Botschaft ins Gegenteil verkehrt.

Trotz Terrorzentrum schutzlos
Die Bundeswehr ist dieser Kritik im öffentlichem Raum trotz eines
millionenstarken Werbeetats, Panzer und Raketen bis heute schutzlos
ausgeliefert. Obwohl sich schon das Terrorabwehrzentrum von Bund und
Ländern mehrmals mit dem Fälschen von Werbeplakaten beschäftigte, sich
die Geheimdienste in mehreren Verfassungsschutzberichten über Adbusting
empörten und diverse Landespolizeien mit DNA-Analysen nach den
Künstler*innen fahndeten, stellten Gerichte und Staatsanwaltschaften
Strafverfahren immer wieder ein. Gerade erst entschied das
Bundesverfassungsgericht, das die Berliner Polizei illegal
Hausdurchsuchungen bei Adbuster*innen durchgeführt hatte:

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/bvg23-121.html

Selber Adbustings machen?
Wer selbst mal umgebastelte Werbeposter in die städtischen Vitrinen
hängen möchte, findet im Internet alle nötigen Informationen. Wie
Werbevitrinen aufgehen, wird hier erklärt:

https://adbustingschluesseldienst.noblogs.org/

https://de.indymedia.org/tutorial/27605

https://bbsc.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/782/2020/03/anleitung.pdf

Wer darüber hinaus Inspirationen sucht und Papier mag, dem sei das Buch
„Mega Unerhört“ vom Berlin Busters Social Club empfohlen:
https://bbsc.blackblogs.org/

Mehr Infos zu Nazikram im Wachregiment:

https://antifa.vvn-bda.de/2022/09/04/stets-gleich/

https://de.style.yahoo.com/finance/nachrichten/sexuelle-bel%C3%A4stigung-wachbataillon-bundeswehr-kommandeur-071348333.html

https://kontrapolis.info/7607/

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