Bellizisten-Talk im Schauspielhaus ausdrücklich willkommen – Atombomben? Kein Problem. Darüber lässt sich im Schauspielhaus reden.

Das Friedensplenum hat in einem Brief an den Intendanten des Schauspielhauses gegen die Einladung von Joseph Fischer protestiert. Er macht gerade Schlagzeilen mit der Forderung nach einer europäischen Atomaufrüstung. (Siehe: Keine Bühne für Joseph Fischers atomare Machtpolitik!) Die Bochumer WAZ berichtet in ihrer Freitagsausgabe: »Joschka Fischer als Talkgast wird vom Schauspielhaus ausdrücklich willkommen geheißen. Er habe in seinen jüngsten Interviews sehr wohl eine „argumentative Zerrissenheit“ in Fragen der Aufrüstung erkennen lassen. Auch die „vielschichtige und insofern spannende Biografie rechtfertigt, den ehemaligen Bundesaußenminister einzuladen, weil er einerseits exponiert in zentrale historische, politische Entscheidungen eingebunden war und gleichzeitig Spiegelbild einer – kontroversen – politischen Entwicklung und Debatte in unserem Land ist. Über all das lässt sich miteinander reden“, teilt das Schauspielhaus auf WAZ-Anfrage mit.

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Bellizisten-Talk im Schauspielhaus?
Keine Bühne für Joseph Fischers atomare Machtpolitik!

Joseph Fischer, von 1998 bis 2005 Außenminister in der Regierung Schröder, ist am 21. Januar in den Kammerspielen des Schauspielhauses Bochum Gesprächspartner in Norbert Lammerts Talk- Reihe „Ein Gast. Eine Stunde“. Dagegen ruft das Bochumer Friedensplenum zum Protest auf: »Fischer hat soeben mit großer Medienresonanz eine neue Eskalation der atomaren Hochrüstung vorgeschlagen: Ihm reicht Deutschlands „nukleare Teilhabe“ nicht mehr, die 20 US-Atomwaffen mit bis zu 13facher Sprengkraft der Hiroshima-Bombe, 120 Kilometer Luftlinie von Bochum entfernt im Depot in der Eifel. Er will die Europäische Union als selbständige Atommacht neben der NATO, nicht mehr nur nukleare Teilhabe in Abhängigkeit von den USA, sondern den deutschen Griff zur Bombe in einer EU-Atommacht mit deutschem Schwergewicht.

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Lobbystrategien der Rüstungsindustrie

Die Greenpeace-Studie „Revolving Doors – wie Politik und Rüstungsindustrie gemeinsame Sache machen“zeigt, wie die Rüstungsindustrie direkt über Abgeordnete, außerdem  über zahlreiche Netzwerke und über Think Tanks (dazu gehört u.a. auch die Stiftung Wissenschaft und Politik) Einfluss auf die öffentliche Meinung nehmen. „Die Recherche zeigt, dass die Rüstungsindustrie über reichlich Ressourcen verfügt, um ihre Interessen – nämlich umfangreiche öffentliche Investitionen in Rüstung – durchzusetzen“, heißt es im Schlussteil. Es brauche „dringend ein Gegengewicht zu Strategien, die letztlich nur Aufrüstungsinteressen bedienen und befördern.“

Aktionswoche: Schutz und Asyl für Kriegsdienstverweiger*innen aus Russland, Belarus und der Ukraine

Über 40 Friedensgruppen aus ganz Europa führen bis zum „Internationalen Tag der Menschenrechte“ am 10. Dezember 2023 Veranstaltungen und Aktionen durch: Sie fordern Aufnahme und Schutz für alle, die sich dem Krieg in der Ukraine entziehen. Connection e.V. schreibt:

„Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 haben mehr als 250.000 Militärdienstpflichtige Russland verlassen – sie wollen nicht im Krieg gegen die Ukraine kämpfen. Aus der Ukraine sind seit Kriegsbeginn mindestens 300.000 Militärdienstpflichtige vor der Einberufung geflohen – teilweise nach Deutschland, wo ihnen aktuell nur bis März 2025 Schutz gewährt wird. Auch in Belarus gibt es tausende Militärdienstentzieher.“

In Bochum laden aus Anlass des Internationalen Tages der Menschenrechte Amnesty International, die VHS, die Stadtbücherei, das Fritz Bauer Forum, die Musikschule und der Kinder- und Jugendring am Freitag, 08. Dezember 2023 um 18.00 Uhr im Anneliese Brost Musikforum (Marienplatz 1, 44787 Bochum) zur Veranstaltung „Meinung. Freiheit. Meinungsfreiheit?“ ein. Das Bochumer Friedensplenum wird dort den „Aufruf für Schutz und Asyl für Kriegsdienstverweiger*innen aus Russland, Belarus und der Ukraine“ verteilen.

Eine einzige Stimme gegen Kriegskredite

Vor genau 109 Jahren, am 2. Dezember 1914, stimmte Karl Liebknecht als einziger Abgeordneter im deutschen Reichtag gegen die Kriegskredite zur Finanzierung des Ersten Weltkrieges (Näheres hier) Die Grundzüge der Argumentation in seiner Rede sind nach wie vor aktuell: Der Charakter des Krieges verbiete es, von einem Verteidigungskrieg zu sprechen, es gehe um die kapitalistische Beherrschung des Weltmarktes, die (damalige) Propaganda „Gegen den Zarismus“ diene dem Zweck, für Völkerhass zu mobilisieren. Nur die Stärkung aller  auf „Frieden gerichteten Strömungen in allen kriegführenden Staaten kann dem blutigen Gemetzel vor der völligen Erschöpfung aller beteiligten Völker Einhalt gebieten.“

Nachtrag vom 4. Dez.: Im Gewerkschaftsforum erschien heute ein lesenswerter Beitrag zur Aktualität von Liebknechts Haltung. Demnach stimmten 8 von 205 SPD- Bundestagsabgeordnete am 3. Juni 2022 gegen die Grundgesetzänderung, die die wesentlichen Bestimmungen des Sondervermögens zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit in der Verfassung verankern soll.

Nicht gewollte Friedenslösung

Mit Dawyd Arachamija, der die ukrainische Verhandlungsdelegation zwei Wochen nach Kriegsbeginn bei den Gesprächen in Istanbul geleitet hatte, bestätigt laut IMI aktuell auch ein Zeuge der ukrainischen Seite, dass eine Einigung mit Russland möglich gewesen wäre: «Die Russen haben wirklich fast bis zum letzten Moment gehofft, dass sie uns zwingen würden, ein solches Abkommen zu unterzeichnen, damit wir die Neutralität annehmen. Das war das Wichtigste für sie. Sie waren bereit, den Krieg zu beenden, wenn wir – wie einst Finnland – der Neutralität zustimmten und uns verpflichteten, der NATO nicht beizutreten. Das war in der Tat der entscheidende Punkt. Alles andere über Entnazifizierung, die russischsprachige Bevölkerung und blablabla war nur Rhetorik und politische ‹Würze›.»

Mögliche Friedenslösungen

„In keiner der kriegerischen Auseinandersetzungen gibt es heute ernsthafte diplomatische Bemühungen, um die Konflikte, die diesen Kriegen zugrunde liegen, zu lösen“, sagte Michael von der Schulenburg in seiner Rede auf der Berliner Friedensdemonstration am vergangenen Samstag, die bei Telepolis abgedruckt ist. Um aus der Gewalt- spirale der Kriege herauszukommen, müsse der Westen sich zu den Lösungen durchringen, zu der die UN-Charta verpflichte.

Der US-Wissenschaftler und langjährige UN-Berater Jeffrey D. Sachs hielt vor dem UN-Sicherheitsrat eine Rede mit Vorschlägen, wie die Kriege in der Ukraine, der Krieg zwischen Israel und Palästina, der Krieg in Syrien und die Kriege in der Sahel-Zone durch eine Einigung im UN-Sicherheitsrat schnell beendet werden könnten, „indem er Geld und Waffen von außen zurückhält. Das würde eine Vereinbarung zwischen den Großmächten voraussetzen. Der andere Grund, warum diese Kriege schnell beendet werden könnten, ist, dass sie durch wirtschaftliche und politische Faktoren verursacht werden, die durch Diplomatie und nicht durch Krieg gelöst werden können. Indem sich der Sicherheitsrat mit den zugrundeliegenden politischen und wirtschaftlichen Faktoren befasst, kann er die Voraussetzungen für Frieden und nachhaltige Entwicklung schaffen.“

Abgrenzung der Friedensdemo gegen rechts

Die Verantwortlichen für die große Friedensdemonstration am Samstag erklären unter „Organisatorisches“               ihre Ablehnung von Rassismus, Antisemitismus, Faschismus und allen Formen gruppenbezogener Menschen- feindlichkeit. Sie lehnen die Zusammenarbeit mit rechtsextremen Kräften ab. Nationalflaggen, Parteifahnen und einschlägige Symbole seien unerwünscht. Willkommen dagegen sind Transparente, Fahnen und Schilder, die Inhalt und Zielen der Manifestation entsprechen.

„Die klarsten Aussagen gegen Militarismus und für Abrüstung sind auch die besten Absagen an alle rechtsextremen Parteien, die eng mit nationalistischem Militarismus und Aufrüstung verbunden sind“, heißt es in der „Zeitung gegen den Krieg „. Danach –  und nicht am Auftreten einzelner Menschen aus der rechten Szene im Demozug – sollte die Friedensdemonstration am Samstag in Berlin beurteilt werden. Zum Auftakt sprechen die ehemalige Linke-Abgeordnete Sahra Wagenknecht und die frühere ARD-Journalistin Gabriele Krone-Schmalz, die, seit sie sich für eine Verständigung mit Russland ausgesprochen hatte, aus den Medien ziemlich verschwunden ist. Auch der frühere Diplomat und UN-Funktionär Michael von der Schulenburg ist als Redner  angekündigt. Er war einer der Erstunterzeichner des von Wagenknecht und der Emma-Gründerin Alice Schwarzer initiierten „Manifests für den Frieden“ gewesen. Als weitere Redner vorgesehen sind der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzender der Naturfreunde e. V., Michael Müller, Petra Erler, ehemalige Staatssekretärin der letzten DDR-Regierung und mit Ates Gürpinar auch eine stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei. Als ein Zeichen der Völkerverständigung wird sich Iris Hefets von der „Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ ihre Redezeit mit der palästinensischen Juristin Nadija Samour teilen.

25. 11. Friedensdemo in Berlin

Friedensdemonstrationen haben keine gute Presse. Als am 25. Februar diesen Jahres mindestens 35000 Menschen in Berlin demonstrierten, war eine breite Diffamierung vorausgegangen – ohne großen Erfolg. Die Friedensdemonstration am nächsten Samstag wird dagegen in den Medien weitgehend  totgeschwiegen. Aufrufe zur Unterstützung durch zahlreiche Organisationen findet man auf der Seite “ Nie wieder Krieg„. Hier der Aufruf der Naturfreunde, hier der VVN-BdA .

Rechtsruck im Schafspelz

IMI macht heute auf den sehr lesenswerten Newsletter von medico international zum Krieg in Gaza aufmerksam. Besonders interessant über den deutschen Umgang mit Krieg, Rassismus und Antisemitismus ist auch der Kommentar von Mario Neumann „Rechtsruck im Schafspelz“. Als Reaktion auf das globale Krisengeschehen konstatiert der Autor … „eine neue Begeisterung für die Lösung politischer Probleme durch Polizei, Militär und Machtvollkommenheit. Ein neuer Autoritarismus der Mitte, der bis nach links ausstrahlt. Dies ist der Untergrund des rechten Durchmarschs der letzten Monate, bei dem sich die tatsächlich rechten Kräfte entspannt zurücklehnen konnten. Das Neue darin ist, dass die autoritären Maßnahmen gleichzeitig noch durch den progressiven Begriffsapparat geleitet werden. Das verwirrt und verfängt. Das Schlechte kommt im Namen des Guten daher.“  Der Antisemitismus werde den Migrant.innen zugeordnet und der allgegenwärtige Rassismus erscheine als Gegenmittel. „Doch statt einer Antikriegs-Bewegung und einer breiten Mobilisierung gegen den Rechtsruck gibt es die Eingliederung der Antisemitismus-Bekämpfung in den westlichen Militarismus unter rechter Hegemonie. Um dem in Zukunft zu entgehen, sollte die unter progressiven Akteur:innen herrschende Begriffsverwirrung dringend entwirrt werden…“